habe ich leider einen Brief bekommen in dem da stand, dass mein Anliegen keine Berücksichtigung fand und der Beschuldigte wegen einer anderen viel größeren Sache verurteilt wurde und meins dann nicht mehr ins Gewicht fiel
Das ist die Anwendung des § 154 Abs. 1 StPO. Der dient dazu, Verfahren effizient zu machen. Nehmen wir an, ich habe einen Betrüger, der bei Mamikreisel Hosen für 15 EUR anbietet und nach Zahlung nicht liefert. Ich bekomme fünf Anzeigen auf den Tisch und fasse die zu einer Anklage vor Gericht zusammen. Nun kommt noch eine Anzeige dazu, obwohl schon Termin zur Hauptverhandlung bestimmt wurde. Schicke ich die hinterher, verzögert das das Verfahren, weil es zum Beispiel neue Einlassungsfristen für den Angeschuldigten gibt. Also stelle ich nach § 154 Abs. 1 StPO die neue Sache ein, weil sie auf die Strafe praktisch keine Auswirkung hat. Kommen dann noch fünf weitere dazu, kann ich jederzeit den ausgeschiedenen Teil wieder aufnehmen und ein neues "Paket" schnüren. Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, daß das Strafverfahren in erster Linie dem Ersatz des Schadens dient, das war in der DDR anders. Bei uns müßte ein solcher Schaden selbst geltend gemacht werden; lohnt sich aber nicht bei so geringen Werten.
So kommen die so oft angeblich gesunkenen Straftaten zustande, einfach unter den Tisch kehren.
Das ist falsch. In die polizeiliche Kriminalstatistik gelangen alle zur Anzeige gebrachten oder sonst bekanntgewordenen Straftaten, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens. Genauso gibt es eine Verurteilungsstatistik. Das "Leben" einer Strafakte ist immer lückenlos verfolgbar und statistisch erfaßt, sobald es eine polizeiliche Tagebuch- bzw. Vorgangsnummer gibt und die Papierakte nicht irgendwo untergeht. Und selbst dann läßt sie sich in den meisten Fällen rekonstruieren.
Ich zitiere mal die StA- Stistik aus 2018:
"So machten Einstellungen mangels Tatverdacht (28,4 %), Einstellungen ohne Auflage (24,7 %), Einstellungen mit Auflage (3,4 %) und Einstellungen wegen Schuldunfähigkeit (0,2 %) zusammen 56,8 % aller staatsanwaltschaftlichen Verfahrenserledigungen aus. 20,0 % der Verfahren endeten mit einer Anklage beziehungsweise einem Strafbefehlsantrag und 23,3 % auf andere Art (zum Beispiel mit der Abgabe an eine andere Staatsanwaltschaft oder durch die Verbindung mit anderen Verfahren)"
(Quelle: https://www.destatis.de/DE/Pre…2019/08/PD19_317_243.html)
Also etwa 1/3 wird wegen fehlender Nachweisbarkeit eingestellt. Dagegen wird man nichts sagen können, denn ohne Beweis keine Strafe. Knapp ein Viertel wird wegen Geringfügigkeit - also in der Regel Ersttäter bei geringem Schaden - und als unwesentliche Tat neben einer schwereren Tat (siehe oben), ein kleiner Teil wird gemäß § 153a Abs. 1 StPO gegen eine Auflage eingestellt, ein ganz geringer Teil wegen Schuldunfähigkeit. Der Rest wird entweder durch Verbindung mit anderen Sachen statistisch erledigt oder durch Anklage zu Gericht gebracht.