Keine Bremswirkung trotz neuer Bremsen und Entlüften

  • Hallo liebes Pappenforum!


    Ich besitze seit Ende Dezember 2020 einen Trabant 601 und bin bis jetzt ohne viele Probleme von A nach B gekommen...

    Bis der TÜV meine Bremsen an der HA bemängelt hat. Da kurz danach auch die Bremsen der VA den Geist aufgegeben haben (fest waren), habe ich den Wagen seither nicht mehr bewegt und in den letzten Wochen wann immer ich Zeit hatte, damit verbracht, alle Bremsbeläge und Radbremszylinder auszuwechseln (alles Neuteile von Trabantwelt). Da war allerhand vergammelt und/oder verrostet - obwohl der Wagen erst 2013 komplett neu aufgebaut wurde. Bis auf die Bremsen ist auch alles super. Aber das ist wohl normal bei herkömmlicher Bremsflüssigkeit...

    Heute war jedenfalls der Tag der Entlüftung. Da ich während der Arbeiten zuvor keine Bremsflüssigkeit nachgekippt habe, war der Bremsflüssigkeitsbehälter heute leer. Ich habe dann neue Bremsflüssigkeit eingefüllt und mehrfach entlüftet.

    Nach dem ersten Entlüften habe ich leider erschrocken feststellen müssen, daß ich überhaupt keine Bremswirkung hatte und das Pedal sich bis zum Anschlag durchtreten ließ. Ich habe die Bremsen dann noch mal entlüftet und danach war die Bremswirkung etwas besser, aber das Pedal läßt sich immer noch weiter durchtreten, es ist aber spürbar wieder etwas Druck im System. Nur eben viel zu wenig.


    Jetzt bin ich ratlos und ehrlich gesagt auch sehr frustriert, da ich viele Stunden Arbeit in diese Bremsen investiert habe und es nun trotzdem nicht funktioniert. Ich denke nicht, daß der Hauptbremszylinder durch ist, da sich nach dem zweiten Entlüften wieder ein wenig Druck aufgebaut hat und auch sonst dort keine Undichtigkeit festzustellen ist. Zudem wurde beim Entlüften das Pedal nie ganz durchgedrückt sondern immer nur bis zu dem normalen Brems-Druckpunkt.

    Meine letzte Idee wäre evtl., daß die bereits seit 1-2 Monaten angebrochene Bremsflüssigkeit (DOT 4) von mir möglicherweise nicht fest genug verschlossen wurde oder ich sie beim Arbeiten zu lange geöffnet hatte, sodaß sie bereits Wasser angezogen hat und ich wieder neue verwenden muß? Sie war jedenfalls durchsichtig und beinahe farblos, und nicht so gelblich, wie die Flüssigkeit, die vorher darin war. Das würde dann für eine Verdünnung sprechen? Die Idee ist mir gerade erst beim Schreiben gekommen. Daher schonmal entschuldigung, falls es tatsächlich nur diese Kleinigkeit sein sollte.


    Vielleicht hat jemand von Euch eine Idee, bevor ich erfolglos bis zum Ende aller Tage entlüfte, entlüfte und entlüfte... :S

    Sehr schade, ich fahre meinen Trabant eigentlich täglich und hatte mich darauf gefreut, ihn morgen wieder fahrbereit zu haben... :(

    Ich bedanke mich auf jeden Fall schonmal für jede Antwort!


    Viele Grüße

  • Meine letzte Idee wäre evtl., daß die bereits seit 1-2 Monaten angebrochene Bremsflüssigkeit (DOT 4) von mir möglicherweise nicht fest genug verschlossen wurde oder ich sie beim Arbeiten zu lange geöffnet hatte, sodaß sie bereits Wasser angezogen hat

    Das ist es wirklich nicht.

    Schon in der Nische hinter dem Pedal geguckt?

    Wie war die genaue Entlüftungsprozedur?
    > Pedal treten > Nippel offen, Nippel zu > Pedal wieder hoch?

  • Mir kommen folgende Ideen in den Sinn:


    1.) HBZ: Wird erkennbar Bremsflüssigkeit zurück in den Behälter gedrückt? Um das schnell zu prüfen, würde ich alle Ausgänge mit einer Entlüftungschraube verschließen und testen, ob ein Druckaufbau möglich ist oder Undichtigkeiten auftreten.


    2.) Nachsteller: Sind die Nachsteller richtig herum verbaut, so dass sie ordentlich funktionieren?


    3.) Langloch Bremsbacken: Da neue Backen verbaut wurden, hast du das Spiel zwischen dem Nachsteller und den Langlöchern in der Bremsbacke kontrolliert oder angepasst? Allein diese Abstände entscheiden über den Hub der RBZ und damit letzlich in Summe über den Hub des HBZ. Damit sind die Spiele entscheidend für die Länge des Pedalweges.



    Die Lagerung der Bremsflüssigkeit ist definitv nicht die Ursache. Selbst der Deckel des Bremsflüssigkeitsbehälter hat eine Belüftungsöffnung, über die sich u,a, über Jahre hinweg der Wasseranteil erhöht.

  • Und die Bremse würde kalt prinzipiell auch mit Wasser funktionieren. Zumindest, bis alles verrostet ist.


    Gruß

    Benjamin

    Fährt und schraubt gern *Simson S50B1* *Schwalbe KR51/1* *Trabant 601 LX '88* *Lada Niva 1700*

  • Das Pedal beim Entlüften nicht voll durchzutreten, verschlechtert sehr wahrscheinlich das Entlüftungsergebnis.

    Pumpt sich das Pedal bei mehrfacher Betätigung auf? Wenn ja, ist noch Luft im System.

    1 - oder 2-Kreis-HBZ? Bei Einkreis muss mitunter das letzte Quäntchen Luft direkt am Verteiler des HBZ 'wegentlüftet' werden, gerade bei vorher mehr oder minder leerem System. Ich hatte das zuletzt beim Breflü-wechsel am 66er.


    Schließlich bliebe noch zu überprüfen, ob die (neuen?) autom. Versteller der Bremsbacken wirklich funktionieren (und nicht womöglich durch versehentliche Fehlmontage klemmen).

  • 1 - oder 2-Kreis-HBZ?

    Ich tippe mal auf zweikreis. Woher stammt der Hauptbremszylinder? Es gibt einige zweikreis, deren Kolben für den hinteren Kreis hat nur EINE Druckmanschette. Die können sich leicht zur Luftpumpe entwickeln.

    Hast Du richtig festen Gegenstück am Pedal? Wie weit lässt sich day Pedal durchtreten? Gibt es dann etwas nach?

  • Das Pedal beim Entlüften nicht voll durchzutreten, verschlechtert sehr wahrscheinlich das Entlüftungsergebnis.

    Was soll sich verschlechtern? Solange der Schlauch an der Entlüftungsschraube lang genug ist, idealerweise im Auffangbehälter in die Bremsflüssigkeit taucht und keine Luft (mehr) vorhanden ist, muss das Pedal gar nicht durchgetreten sein. Zumindest habe ich bereits mehrfach allein nach der Methode erfolgreich gearbeitet. Inzwischen habe ich aber einen Deckel mit Druckluftnippel umgebaut, der seinen ersten Test schon bestanden hat. Da muss nämlich auch kein Pedal durchgetreten werden, um irgendwas zu erreichen.

  • Ich meine, dass es die Intensität/ Gründlichkeit des Entlüftungsvorganges verschlechtern kann - keiner von uns weiß schließlich, an welchem Punkt des Pedalweges der Themenstarter aufgehört hat.

    Ich entlüfte ggf. (wenn keine Hilfsperson zum Punpen am Pedal vorhanden ist) auch alleine. Das Pedal wird aber so oder so immer bis zum Anschlag durchgetreten (und nein - dabei ist bisher auch noch nie ein HBZ flöten gegangen ;)).

  • Mich interessiert der technische Hintergrund des "Pedaltretens", den ich nicht erkennen kann. Oder wird es nur gemacht, weil es schon immer so gemacht wurde und es mal jemand ins Reparaturhandbuch geschrieben hat?

  • Mich interessiert der technische Hintergrund des "Pedaltretens", den ich nicht erkennen kann.

    wie soll denn sonst die Bremsflüssigkeit mit den Luftblasen in Richtung Entlüftungsschraube befördert werden?

    Früher fuhr ich 6V, weil ich musste. Heute tu ichs, weil ich kann.

  • Ich würde das ganz vereinfacht mit einer Injektionsspritze vergleichen wollen:

    wenn ich dort nur ein Drittel oder den halben Hub nutze, kommt vo dementsprechend weniger Flüssigkeit raus. Am HBZ macht man das zwar mehrfach und es wird Flüssigkeit nachgefordert - es könnte (muss nicht) also dementsprechend länger dauern, die Luft wirklich restlos aus dem System zu bekommen. :zwinkerer:

  • Bremsflüssigkeitsbehälterdeckel mit Druckluftanschluss ist für das Wechseln der Bremsflüssigkeit und Entlüften wirklich super und beim Trabant auch relativ unkompliziert umsetzbar.


    Es gibt wohl aber auch (Hand)Geräte, mit denen man direkt am Belüftungsnippel absaugen kann.

    Und natürlich die “richtigen“ Geräte zum Wechseln der Bremsflüssigkeit, wie sie Werkstätten verwenden, oder auch abgespeckte Versionen für den Hobbyschrauber.


    Ich persönlich habe der langwierigen Pedalmethode (besonders, wenn man alleine wechselt) jedenfalls sehr schnell abgeschworen, wenngleich die natürlich auch funktioniert.


    Bei allen Methoden (außer der mit dem Werkstattgerät) muss dennoch sorgfältig beobachtet werden, dass sich immer genügend Bremsflüssigkeit im Ausgleichsbehälter befindet, damit nicht neuerlich Luft ins System gelangt.



    Gruß

    Benjamin

    Fährt und schraubt gern *Simson S50B1* *Schwalbe KR51/1* *Trabant 601 LX '88* *Lada Niva 1700*

  • wie soll denn sonst die Bremsflüssigkeit mit den Luftblasen in Richtung Entlüftungsschraube befördert werden?

    Es geht mir um das Durchtreten als Abschluss der Entflüftung eines RBZ. Die eigentliche Entlüftung erfolgt mit Durchtreten und langsamen Loslassen, OHNE Öffnen/Schließen der Entlüftungsschraube bis keine Luft mehr kommt. So steht es im auch Handbuch (ich beziehe mich auf das WHIMS 90).

  • Bei der WHIMS-Methode wird dir sicherlich schon aufgefallen sein, dass beim Lösen des Bremspedals immer ein Teil der Flüssigkeit und somit potenziell auch einige der eben erst herausbeförderten Luftbläschen wieder ins System zurück gesaugt wird. Daher ist es bei dieser Methode besonders wichtig, das Pedal wirklich vollständig durchzutreten.


    Die zweite Person zum Öffnen und Schließen der Entlüftungsschraube ist nicht nur eine Hilfe bei der Feststellung, ob noch Luft kommt. Vielmehr geht das Ganze durch Öffnen und Schließen der Schraube tatsächlich wesentlich schneller, und es wird auch weniger Bremsflüssigkeit verpanscht. Schon allein deshalb, weil der Auffangbehälter zu beginn leer sein kann, was bei der anderen Methode nicht geht.

    Früher fuhr ich 6V, weil ich musste. Heute tu ichs, weil ich kann.

    Einmal editiert, zuletzt von Fridl () aus folgendem Grund: Tippfehler

  • Hallo zusammen und schon einmal vielen Dank für die vielen Antworten!!

    Zu Punkt 1: Ich habe keine Undichtheiten mehr in meinem System festellen können.


    2.: Die Nachsteller habe ich lediglich mit Bremsenreiniger gereinigt und mit etwas Bremsenpaste gefettet. Sonst habe ich nichts daran geändert.


    3.: Ich weiß auf jeden Fall, daß ich an der VA die Backen etwas auseinanderziehen mußte, damit sie auf die Nachsteller passen. Die Trommeln ließen sich aber immer noch ohne Schleifgeräusche drehen, weshalb ich nicht davon ausgegangen bin, daß das nachteilig sein könnte. Die Bremsbacken müssen ohne daß man sie auseinanderzieht auf die Nachsteller gleiten können?

    Ich habe auch ehrlich gesagt die RBZ für die VA einfach eingebaut, habe aber auch überhaupt keine äußerlichen Unterschiede feststellen können. Die Fräsungen zeigen jedenfalls immer zur Achsenmitte, wie es in einem anderen Thread bereits beschrieben wurde.


    Zur Entlüftung: Wir haben entlüftet, indem das Pedal bis zum normalen Bremspunkt, also vielleicht 1-3 cm gedrückt und dann langsam zurückgelassen und die Entlüftungsschraube nicht jedesmal zugedreht. Aber am Ende konnte man sehen, daß keine Luft mehr austrat sondern nur noch saubere, neue Bremsflüssigkeit.


    Wie schon gesagt war am Ende eine leichte Bremswirkung vorhanden, aber noch nicht ausreichend.

    Wenn ich das nächste Mal an die Bremsen gehe - leider habe ich momentan viel zu wenig Zeit - kontrolliere ich die Bremsbacken und mache am besten Photos und stelle sie hier ein.


    Das Pedal beim Entlüften nicht voll durchzutreten, verschlechtert sehr wahrscheinlich das Entlüftungsergebnis.

    Pumpt sich das Pedal bei mehrfacher Betätigung auf? Wenn ja, ist noch Luft im System.

    1 - oder 2-Kreis-HBZ? Bei Einkreis muss mitunter das letzte Quäntchen Luft direkt am Verteiler des HBZ 'wegentlüftet' werden, gerade bei vorher mehr oder minder leerem System. Ich hatte das zuletzt beim Breflü-wechsel am 66er.


    Schließlich bliebe noch zu überprüfen, ob die (neuen?) autom. Versteller der Bremsbacken wirklich funktionieren (und nicht womöglich durch versehentliche Fehlmontage klemmen).

    Hallo, das Pedal pumpt sich nicht auf.

    Der Trabant ist von Dezember 1988, also mit Zweikreis-Bremsanlage.

    Da ich ja bis auf säubern und Bremsenpaste nichts an den Nachstellern geändert habe, würde ich davon ausgehen, daß die noch funktionieren. Lassen sich auch raus- und reindrücken.

    3 Mal editiert, zuletzt von Genosse Finnrich () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Genosse Finnrich mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Die Bremsbacken müssen ohne daß man sie auseinanderzieht auf die Nachsteller gleiten können?

    Nein, man muss die immer ganz leicht nach außen drücken.

    Er meinte das Spiel das der Kopf vom Nachsteller in dem Langloch hat.


    1-3cm ist wohl etwas sehr wenig wenn die Anlage leer war. Dann dauert es sowieso länger wenn man ohne Über- oder Unterdruck arbeitet.

    Mehrmals langsam voll durchtreten ohne die Entlüftungsschraube zu schließen.

    Dann draufbleiben und Entlüftung zu.

    Bei treten sollte man dann schon langsam merken wie das Pedaltreten schwerer wird.

    Dabei dann immer aufpassen das der Vorratsbehälter nicht leer wird.

  • Alles klar, dann kann ich das nochmal so versuchen!

    Und der Hauptbremszylinder hält das auch aus?

    Ich habe jetzt schön häufiger gelesen, daß die davon kaputtgehen können...

  • Ausschließen kann man das nicht vollständig - ich kann Dir zur Beruhigung nur nochmal sagen, dass meine 4 dieses Jahr durchgeführten Breflü-wechsel mit dieser Methode ohne Ausfälle oder Undichtigkeiten an den HBZ problemlos über die Bühne gegangen sind (so, wie auch bei früheren Gelegenheiten). Habe je 2x Ein- und Zweikreis.


    P.S.: Meine bessere Hälfte betätigt das Bremspedal langsam und gefühlvoll, wie sich das gehört... :grinser: