GENEX - Geschenke in die DDR

  • Vorrangig ging es darum, der DDR Devisen zu beschaffen. Westgeld für den Staatshaushalt.


    Meine Oma kam auf diesem Wege mal zu einem Blaupunkt Farbfernseher mit Fernbedienung. Die Westtante hatte die Spendierhosen an. Aber in der Dimension Auto war sowas für uns unvorstellbar.


    Es soll Familien gegeben haben, wo die automobile Vollausstattung von der Westverwandtschaft bezahlt wurde.

  • Ja, da gab es oft eine (heute so beinahe unvorstellbare) Großzügigkeit bei den "Brüdern und Schwestern". :)

    Ich kenne jemanden, der von seiner solventen Westtante alle 4-5 Jahre mit einem Wartburg Tourist bedacht wurde, da kam dann der hohe Erlös beim Weiterverkauf noch oben drauf!

    Den letzten hat er anno 89 bekommen - und den fährt der ältere Herr heute noch.

    😎

    Wobei man dazu auch sagen muss, dass Geschenke in den Osten (z.B. der Inhalt der berühmten Westpakete) von der Steuer abgesetzt werden konnten. Das dürfte sehr wahrscheinlich auch für große Geschenke via Genex gegolten gaben.

  • Ich weiß aus Erzählungen, dass es nicht nur spendiert wurde. Auch viele Kunst- und Kulturgegenstände, sowie Schmuck und Uhren wurden gern gegen harte DM in den Westen verkauft, um damit über Genex schnell z.B. an ein Auto zu kommen.


    Auch im IFA Vertrieb, wo die Auto, Anhänger usw. ganz regulär abgeholt wurden, wurde eine Genex Auslieferung anders (bevorzugt) bedient. Da musste man nicht den oder das Erste nehmen was vorne stand, sondern konnte je nach Bestellung aussuchen.

    Ein Kollege erzählte immer wieder von seinem Anhänger den er im FFO Auslieferungslager abgeholt hat und damit sehr zum Ärger des Verkäufers sich für eine Anhänger ganz hinten am Zaun entschieden hat, für den erstmal 30 andere beiseite geschoben werden mussten.

  • Schadet dem "Verkäufer"/Zuteiler gar nix - gg.über den Normalkunden wurden Freundlichkeit und Kundendienst dort ja allzuoft nicht sonderlich groß geschrieben.


    Das mit dem Verhökern von Kunst- Kulturgegenständen ist schon wieder ein ganz eigenes Thema, da das ja bekanntlich vor allem staatlicherseits in großem Stil betrieben wurde. Dafür war ja dann Schalck -Golodkowskis "Koko"-Imperium zuständig, wohl nicht selten mehr als hart am Rande der Legalität.

  • Ich meine damit aber eher den Handel im Privatbereich ;)

    Gerade auch Gold/Diamanten usw. haben ja durch die DDR ihren Wert nicht verloren.

    Ich kenne aus dem Bekanntenkreis solche Verkäufe von z.B. noch damals sehr beliebten goldenen Taschenuhren.

  • War vor allem eine Möglichkeit kleinere Erträge (Konten, Grundbesitz, Erbschaften, etc.) in die DDR einzuführen. Der Staat kam günstig an Devisen, und die im Westen / nichtsozialistischen Ausland anfallenden Gelder konnten so privat in die DDR umgelenkt werden. Sehr elegante Art, westliche Banken zu umgehen. Hatte mit der "Spendabilität" der Verwandschaft meist nichts zu tun.

  • Aber warum hat man sich dann damals einen Trabi oder Wartburg über GENEX bestellt und nicht einen Opel oder VW einführen lassen? Denn laut meiner recherchen hat der Trabi das gleiche in DMark gekostet wie in Ost-Mark?! Ich denke für das Geld hätte man im Westen auch einen Golf, Polo oder einen Kadett bekommen? Und hätte dann ein zeitgemäßes Auto gefahren? (Gut Ersatzteile wären wohl ein Problem geworden).

    Also für jemand wie mich der das selber nicht erlebt hat ist das schon ein wenig schwer vorzustellen, deshalb seht es mir nach.

  • Dann solltest du dir nochmal die Preisliste durchlesen, dann wirst du sehen das nicht 1zu 1 mit den Preisen war. Für die Preise hättest du auch keinen neuen VW oder Opel bekommen und ja unterhalten eines Westautos in der DDR war auch nicht so einfach.

  • Einen Westwagen in den Osten zu verschenken war nicht so einfach möglich.

    Wenn da all diejenigen, die über Genex ein Auto geschenkt bekamen mit Westwagen

    durch die Gegend gefahren wären, hätte das ideologisch kaum gepasst bzw. wäre

    es fast eine Provokation gewesen.

    Ausgenommen von dieser Regelung waren z. B. solche Leute wie Rechtsanwalt Vogel

    (goldfarbener Mercedes) oder M.v. Ardenne oder einige Schlagerfuzzis.


    Das mit dem privaten Verkauf von Kunst oder Schmuck vorbei am Staat war höchst

    illegal - man wollte das Geschäft als Staat ja schließlich selbst machen.


    Das was fahrgast sagt, kann ich nur bestätigen.

    Da gab es eine Reihe von Leuten, die alle paar Jahre ein Auto geschenkt bekamen, und

    den alten Wagen dann für den doppelten DDR Verkaufspreis weiterverkauft haben.


    Für diese Klientel war die Wiedervereinigung ein harter Schlag.

    Es war vorbei mit der " Fettlebe " !

  • Beitrag von Lukas96 ()

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  • Ich lade am WE mal die Westwagen hoch.


    Als Vergleich (Genex Katalog 1986):
    Der Trabant kostet zwischen 5.409,- DM und 7.233,- DM.

    Ein VW Golf kostet zwischen 18.658,- DM und 23.399,- DM.

    Jetzt wo ich tot bin ist alles soviel leichter,
    ihr müsst alle aufstehen und ich schlaf einfach weiter.


    Nicht lange raten, recherchieren! Original-Trabant.de

  • Hui das ist dann schon ein gewisser Unterschied. Aber prinzipiell war es möglich via Genex einen Golf zu bekommen? Aber ich sehe schon, das Genex hier wenig mit Arbeiter und Bauern Staat zu tun hat ;) Und ziemlich unfair war das ganze auch, denn wer keine Connections in den Westen hatte, blickte in die Röhre ...

  • Es war überhaupt kein Problem, über Genex an einen Westwagen zu kommen. Wenn die Westverwandtschaft den bezahlt hat, bekam man den auch. Ich empfehle dazu die Lektüre der 79oktan-Ausgaben 3/2018 und 1/2019. Da gibt es zwei sehr ausführliche Artikel speziell zu West-Importfahrzeugen über Genex, zu den Hintergründen, der Organisation GENEX und auch dazu, was die KoKo damit zu tun hatte: http://www.79oktan.de


    Nur:
    Wer hatte solch spendable Gönner im Westen? Und wer von denen, die sie hatten, wollte wirklich einen Westwagen fahren? Das Auto zu besitzen, war ja nur die halbe Wahrheit. Aber was wurde danach?

    Werkstätten? Dünn gesät. Nachfolgende Beschaffung von Ersatzteilen? Problematisch. Besonders dann, wenn man dafür wieder auf das Westgeld und die Gönnerschaft der Verwandten angewiesen war.


    Ganz abgesehen davon, wie man mit einem solchen Wagen auffiel und daß man das Finanzamt und das MfS häufiger auf der Hacke hatte, wenn man Westauto fuhr. Viele werden froh über einen unauffälligen Trabant oder Wartburg gewesen sein. Für die gab es Werkstätten und auch (und das war oft schwierig genug) Ersatzteile.

  • "Und ziemlich unfair war das ganze auch, denn wer keine Connections in den Westen hatte, blickte in die Röhre ..."


    Shopper, Exer und Flitzer....


    PS: Brötchen kosteten für alle gleich.....

  • Die klassenlose Gesellschaft war nicht ganz so klassenlos wie sie vorgab.

    Es gab die mit Westgeld und die ohne Westgeld. Spätestens an der Tür zum Intershop trennte sich die Spreu vom Weizen.


    Genex-Begünstigte, für die die Westverwandtschaft zahlte, stellten aber insgesamt eine verschwindend kleine Minderheit dar. Und Autos über Genex erst recht. Denn SO spendabel waren die wenigstens Westverwandten.

    Und nachdem es keine Grenzen mehr zwischen Ost und West gab, reduzierte sich das Interesse auf der westdeutschen Seite sowieso auffällig oft sehr drastisch.


    Mit einer schützenden Mauer dazwischen ist das Leben als Gönner halt irgendwie einfacher...oder entspannter. Der Empfänger kann halt nicht nachschauen.

    Ich habe auch erst später mitbekommen, warum auf so vielen edlen Spielsachen in den Westpaketen, für die Dankesbriefe gen Westen geschrieben wurden, immer irgendwas von Volks- und Raiffeisenbank zu lesen war...darauf wollte die Verwandtschaft sicherheitshalber nicht angesprochen werden, weshalb erst die schlechten Straßen im Osten, später das altersbedingte Zipperlein für die Ablehnung jeglicher zwangsumtauschbefreiter Besuche hier bei uns herhalten mußten. Und in die Gegenrichtung gab es kurz nach Grenzöffnung auch nur ein, zwei Anstandsbesuche. Was soll's...die Verwandtschaft war eher weitläufig, das beiderseitige Interesse war begrenzt, ich hab nix vermißt. Und viele andere erzählen ähnliches.

  • Soweit ich mich hier in der Provinz erinnere, kam das mit den Westwagen per Kauf mit

    DDR - Mark erst mit dem Golf 1 in schwung.

    Vorher sind mir solche Fälle nicht bekannt.

    Nach dem Golf tauchten auch, wie du schon sagst, alle möglichen anderen Marken auf.

    Durch den sehr hohen Preis derselben war der Käuferkreis aber eingeschränkt.


    Golf und Mazda 3 wurden ja zuerst überwiegend in Berlin zu relativ erschwinglichen Preisen

    verkauft, und oft eben auch weiterverkauft.

    Dann kostete ein Mazda 40.000,- DDR Mark und mehr.

  • Danke !

    Aha, Passat u. BMW auch - habe ich nicht mitgekriegt.

    Wäre aber auch egal gewesen, da ich weder einen Genexkatalog gesehen habe, noch

    die entsprechende potente Westverwandschaft hatte.:)

  • Die Einfuhr des Genexkatalogs in die DDR war verboten.

    Aus gutem Grund. Schließlich sollte die Bevölkerung nicht irritiert werden. Besonders zum Thema Preise... ;)


    Übrigens...abgewickelt wurden die Genexgeschäfte über die Palatinus GmbH Zürich und die Jauerfood AG Kopenhagen. Beides Firmengründungen der Kommerziellen Koordinierung.

  • Ja,ja der Herr Schalck von der KoKo !

    Wenn der ausgepackt hätte, was da so alles für krumme Dinger zwischen Ost und West

    ans Licht gekommen wären ?

    So mancher " Heilige " auf der Westseite würde vom Sockel stürzen.


    Aber die guten Kontakte des Herrn Schalck bewährten sich auch nach dem Mauerfall, und so

    konnte er seine Tage friedlich am Tegernsee beschliessen.