"NUR ZUR INFORMATION" Lebensdauer, Laufleistung und Identifizierung des Trabant Zweitakt Motors

  • Los gelößt vom Diskussionthread zur Überschrift, findet ihr hier fortlaufend Information über den Trabantmotor. Das Thema ist geschlossen und dient der reinen Information.

    Es wird fortlaufend aktualisiert und ergänzt.

    Es sind primär Information zum 600er Motor ab 1962.


    Die Diskussion dazu findet ihr hier:

    Tim



    Beginnen wollen wir mit der oft gestellten Frage, was mache ich mit lange gestandenen Motoren. Mit steigender Regelmäßigkeit ist das heute aktueller den je. Viel wird aus Scheunen gezogen und es gibt tausende Motoren die 30 und mehr Jahre ungenutzt in der Ecke standen.


    Dazu sei gesagt, dass jede Wiederinbetriebnahme nach Standzeiten von mehreren Jahren gewisse Risiken mit sich bringt.


    Selten ist die genaue Vorgeschichte bekannt und so empfiehlt sicher immer, den Motor zu zerlegen und das Innenleben zu prüfen.


    Oft bietet sich dann, gerade bei Motoren die zuletzt zu DDR-Zeiten liefen, folgendes Bild:



    Hier sollte klar sein, dass man mit einem solchem Motor nicht weit kommt. Tückisch daran ist, auch dieser Motor dreht sich im zusammengebauten Zustand relativ problemlos und ohne großartig wahrnehmbare Geräusche von Hand durch.


    Hinzu kommt, dass Kraftstoffe von heute mit Bioanteilen, durchaus die Eigenschaft haben solche Verkrustungen zu lösen, aber die harten Ölkohlebrocken führen nicht selten zu kurz darauf folgenden Lager- sowie Kolben- und Laufbahnschäden.


    Im Fazit bleibt eine Zerlegung im Ergebnis unumgänglich.

    Wer dennoch Mut hat, sollte zumindest die Krafstoffanlage inklusive Vergaser penibelst reinigen und eine korrekte Zündeinstellung vornehmen. Frisches Benzin und neue Zündkerzen sowie Luftfilter sollte sich von selber verstehen.


    Heute einen Motor zerlegt der ohne Zylinder war.

    Von außen sehr sauber, die Schrauben noch golden.


    Drehte gut und sauber ohne auffällige Geräusche.


    Innen dann das...... :



    Wie lange der wohl gelaufen wäre mit ein wenig Öl reinkippen und durchdrehen.......

    5 Mal editiert, zuletzt von Tim () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Tim mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Was für einen Motor habe ich?

    Ein paar grundsätzliche Aussagen dazu. Ich beginne 1962 mit dem 600ccm Motor, der so in modifizierter Bauweise bis 1990 zum Einsatz kam.

    Von außen kann man durch die Motornummer den Typ bestimmen.

    Es gab hier P60/61; P63/64 und P65/66. Die zweite Zahl (61, 64, 66) zeigt immer an das es sich um einen entsprechenden Hycomatmotor (hydraulisch gesteuerte Kupplungsbetätigung) handelt.


    Die Motornummer beginnen entsprechend mit 60 usw. Beispiel 60-123456. Einzig beim Motor P65/66 gab es im Verlauf eine neue Nummerierung. Diese hießen auch erst 65-123456 dann ab etwa 1976 ist die Bezeichnung 5B und 6B. Beispiel: 5B123456.


    Zu finden sind die Motornummern bis 1968 oberhalb vom Vergaserflansch:



    Später 1968 wanderte sie an die Seite zum Getriebe hin:



    Findest man einen Motor ohne eine Nummer an diesen stellen, so handelt es sich um ein Ersatzgehäuse. Auch wurden in Werkstätten und Überholungsbetrieben oft eigene Nummern vergeben die z.B. lauten können:


    06☆12345


    Bei diesen Motoren kann man nur an den Merkmalen einzelner Teile bestimmen was man hat. Gegen Ende der 60er Jahre hat man angefangen das Gussdatum auf Höhe des Anlassers einzuprägen. Hier kann man dann noch den Baumonat und das Jahr bestimmen, wann das Gehäuse gegossen wurde.


    Hier aus dem Jahre 1990:


    Dazu kann man über die Außere Form der Zylinder bestimmen ob es sich um 23 oder 26 PS Zylinder handelt.

    Am Anfang gab es viele verschieden Güsse. So hat sich die Form von 1962 bis 1968 fünf mal geändert.

    Was alle 23 PS Zylinder(bis auf eine kurz produziert Ausnahme im Ersatzteilsektor, die aber ultraselten ist) gleich haben ist der etwa 16mm dicke Zylinderfuss (ca. 12-13mm bei 26 PS). Der dicke Fuss unterscheidet auch die letzte Form ganz links auf dem folgenden Bild vom ansonsten optisch nahezu identischen 26 PS Zylinder.

    Des Weiteren kann man die 23 PS Zylinder bis auf den letzten ganz links an der Anzahl der Rippen unter dem Auslass erkennen. In der Vergrößerung des Bildes sieht man die unterschiedlichen Rippen in Anzahl und Breite.

    Der 26 PS Zylinder hat immer wie der ganz Linke nur 3 lange Rippen.




    Dazu habe die Zylinder ab etwa Mitte der 60er Jahre ein Gussdatum (Monat/Jahr) auf dem Zylinderfuss seitlich. Hier 08/1978:



    Innen kann man deutlich den Unterschied in der Form des Überstromkanals erkennen. Rechts 23 PS quadratisch, links 26 PS rechteckig:






    Damit sollte eine erste Identifizierung des Motors möglich sein.

    Durch div. Änderungen an den Kurbelwellen und Kolben ist eine weitere äußere Erkennung kaum möglich und bedarf der Zerlegung.


    Wer sich unsicher ist was er hat, kann im Diskussionsthread gerne Bilder von seinem Motor posten und fragen.

  • Zum Thema Gussmarken:

    Die Kurbelgehäuse haben ja hinten immer eine Nummernfolge das Material sowie das Barkas Symbol und das M (egu?) eingeprägt.

    Bei mir findet sich im Bestand eines mit einem Merkwürdigen JS (?) als Gussmarke, ansonsten ein normales 5B Gehäuse aus 1988.

    Gab es verschiedene Gießereien für die Gehäuse?



    so kenn ich das normalerweise:



    Grüße, Tom

    "Nicht alles Braune auf der Welt ist Schokoladeneis."

    (Computer Sam in Jonas-Der letzte Detektiv)

  • Da gibt es div. Varianten. Da haben wohl öfter die Formenbauer ihre Initialien in der Form hinterlassen.

    Sowas findet man hier und da auch an anderen Teilen.

  • Weiter geht es mit den Kolben. Im Groben kann man vier verschiedene Kolben unterscheiden. Es gab noch Zwischenstufen, die sich aber nur darin unterscheiden, dass mal mit und mal ohne Molybdänschicht produziert wurde.


    Zu sehen sind hier gebrauchte Kolben, die alle keine Molybdänschicht mehr haben.


    Der Älteste ganz links, dann aufsteigend. Die ersten 600er 1962 waren in Vollschaft, Fenster mit 31mm, 2,5mm Kolbenringe und analog zu den 500er Kolben in Verbindung mit asymetrischem Brennraum waren die Kolbenbolzenbohrung dezentral, dass heißt sie ist außermittig. Hier ganz deutlich zu sehen.

    Solche sind heute Praktisch nicht mehr zu bekommen, es sei den man findet mal einen ungeöffneten Originalmotor. Als Übermaßkolben hab ich sie noch nie gesehen.



    Daneben der ab 1963 eingeführte Kolben. Die Schrägen am Fenster oben sind kleiner, die Kolbenbolzenachse ist nun zentral und die 3. Ringnut ist auslassseitig mit einem Schlitz versehen.


    Das sollte die Standzeit erhöhen. Wie ist Spekulation.


    1968 kurz vor Einführung der 26 PS, wurde der Kolben geändert. Er hat nur noch 2mm Kolbenringe, der Schlitz in der 3. Ringnut entfiel und das Fenster ist nun 37m breit. (in Vorbereitung auf den Kanalquerschnitt im 26 PS Zylinder).



    Ganz rechts dann der ab 1984 eingeführte Teilschaftkolben. Der Unterschied zum Vollschaftkolben ist lediglich die ausgesparten Seiten und der damit verbundene kürzere Kolbenbolzen.


    Passend dazu die Zylinderköpfe. Ganz rechts wie sie ab 1962 verbaut wurden. Erste Ausführung asymetrisch wurde ohne Zylinderkopfdichtung verbaut. Die Fläche zum Zylinder ist glatt und etwas höher. Ab 1963 wurde dann wieder eine Zylinderkopfdichtung wie beim 500er verbaut. Im Bild rechts zu sehen. Der Innendurchmesser ist dabei etwa nur 74mm.

    Mittig zu sehen die Variante mit symmetrischen Brennraum die es ab 1964 gab. Davon gab es (min.) vier verschiedene, die man aber auf dem Foto nicht direkt unterscheiden könnte.

    1965 neues Verdichtungsverhältnis.

    1969 innen mit Bund (dazu passend wurde schon 1968 die Kopfdichtung innen auf 82mm gebracht)

    1969 nochmals geändert im Brennraum Verdichtung stat 7,6 nun 7,3 (sollte dem Klingeln vorbeugen)

    1970 Verdichtung wieder geändert von 7,3 in 7,5


    1972 wurde dann das Kerzenloch geändert für die Aufnahme von M14 Zündkerzen.

    1985 mit geänderter Verdichtung 7,8 (zur Unterscheidung, die 7,8er haben immer eine (große) 7.8 auf der Innenseite




    Und weil wir gerade bei den Dichtungen waren, hier die 600er Zylinderkopfdichtung mit altem kleinen (rechts)und neuem größen (links) Innendurchmesser



    Dazu passend die verschieden Fussdichtungen.

    Ganz rechts noch in Papier. Ab etwa 1969 erfolgte der Einsatz mit einer Dichtung die eine Seite Graphit-beschichtet war. Diese beschichtete Seite kommt immer zum Kurbelgehäuse hin, damit sie bei Demontage an den Zylindern kleben bleibt und nicht am Gehäuse und dort entfernt werden muss.

    Über die Jahre gab es da unterschiedliche Färbungen der Papierseite (rot, schwarz, weiß).

    Von der Zeit her nicht genau einzuordnen. Die mit weißer Seite sind aber wohl letzte Ausführung der 80ziger Jahre.



    Ich habe heute einen Satz gebrauchte Kolben/Zylinder und Kurbelwelle in der Variante von 1964 bis 66 bekommen.

    Zerlegt vermutlich weil ein Pleuelfusslager starke Geräusche macht, aber nicht fest ist. Zerlegung wirds zeigen. Der (geschätzten) Laufleistung nach bei ca. 20tkm zerlegt und KW, Zyli./Kolb./Köpf. getauscht.


    Offenbar hatte hier noch niemand die Köpfe mal runter. Es fand sich endlich mal die erste 600er Kopfdichtung. Bisher hab ich davon nur gelesen. Aber es gab sie doch........



    Innen leider nicht mehr ganz genau zu messen, aber irgendwas zwischen 71 und 72.


    Übereinandergelegt sieht man die drei Absätze.



    Montier mit diesem Kopf.



    Mit ganz viel Phantasie könnte das 17. (Kw?) 1965 heißen. Hab ich so auch noch nie gesehen.



    Lässt sich auch nicht erhalten....

    Mit leichtem Reinigen isses schon fast weg.



    Da ist ein ganz winziger Absatz nach innen.


    6 Mal editiert, zuletzt von Tim () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Tim mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Edit für den Beitrag vor diesem (die Bilderanzahl war voll), auf den Köpfen würde anfänglich doch das Datum aufgestemeplt, so dass es tatsächlich ...1965 heißt. Hier ein Kopf vom 500er (18 PS) wo man es noch sehr deutlich sehen kann.




    Nun das Thema Kurbelwelle.


    Grundsätzlich gibt es drei Verschiedene. Hier im Bild zu sehen.


    Ganz links alt, ganz rechts neu.

    Links mit Walzenlagern und Pleuelbuchse oben im Kopf, Mitte ab 1974 Walzenlager und Nadellager im Kopf, und ab etwa 1985 dann mit sogenannten Standardlagern (Kugellager mittig).


    Hier noch mal die einzelnen in der Vergrößerung.


    1962



    ab 1974




    ab 1985



    Auf der Schwungradseite war von Anfang an ein Lager 6009N drauf. Das wurde mit der Einführung 1985 in ein Sonderlager mit dickerem Innenring geändert und die Bezeichnung war 014010



    Hier links im Bild noch eine Besonderheit. Es handelt sich hier um eine sogenannte Hycomatkurbelwelle. Diese hat innen im Stumpf ein Querblech, dass als Mitnehmer für die Pumpenwelle, die durch die Getriebeantriebswelle geht dient.

    Sie kann auch im normalen Motor gefahren werden, für den Hycomat braucht man sie aber zwingend.




    Der Mittelring zum gegenseitigen abdichten der Zylinder 1 gegen 2 haben ihre eigene Entwicklung.


    Hier zusehen von links (alt) nach rechts (neu).


    1962 ganz links mit vier Schmiertaschen.

    1968 Entfall der Schmiertaschen Unterseite

    1975 Entfall aller Schmiertaschen

    1985 neue Kurbelwelle mit Standardlager und Mittelring dann einteilig


    Es gab ganz kurz von 1975 bis 1976 einen geteilten Mittelring ohne Schmiertaschen , aber noch mit dem mittigen Befestigungsstift. Der ist leider so selten das ich davon keinen habe.

    Dieser müsste auf dem Bild genau in die Mitte.

    1976 kam dann der letzte geteilte Ring, der keine Arretierung mehr hatte. Dafür hatten dann die Rollenlageraußenringe einen Stift und eine Aussparung im Gehäuse, so wie das Lager auf der Zündungsseite.

  • Beschäftigen wir uns mit der Abdichtung der Kurbelwelle. Anfänglich erfolgte einen Abdichtung beidseitig mit Simmerringen.

    Später etwa 1985 mit Einführung der Standardlagerwelle, wurde eine Kolbenringabdichtung verbaut (im Bild ganz rechts).



    Der Simmerringe im Bild sind aus den verschiedene Epochen. Hier gab es im Laufe der Produktion Änderungen in der Materialbeschaffenheit. Schwarz ist der Jüngste. Ganz links die Variante von 1962 noch mit Aufschrift "Kautasit" und die Größe.



    Später dann nur noch mit Größenangabe.



    Wenn man einen vor 1985 Motor auf Kolbenringabdichtung umbauen wollte, so war das möglich, und dazu gab es ein zweiteiligen Nachrüstring (ähnlich dem späteren Serienteil).

    (hier links unten im Bild).



    Rechst daneben eine heutige Ersatzform für den nicht mehr produzierten originalen Simmerring mit Bund. Dabei kommt ein heutiger Standard-DIN Simmering in einen passen dazu gedrehten Aluadapterring


    Hier die Kolbenringdichtungen nochmal in zerlegter Form.



    Wenn man bei Simmerring-Kurbelwelle die Kolbenring-Nachrüstvariante verbauen will, so muss dafür die Keilriemenscheibe etwa 2mm abgedreht werden um den ring auszugleichen.




    Die Deckel auf der Schwungradseite wo entsprechende Abdichtung drin ist.



    Ganz rechts in gedrehter Variante (noch mit Stahlmantelsimmerring (bis etwa Ende64/Anfang65), mittig auch für Simmerring in gegossener Version und links gegossen für Kolbenringabdichtung (davon gibt es auch eine ganz kurz gebaute Variante mit Senklöchern).

  • Kommen wir nun zu den Pleuel. Es macht mir sehr viel Freude euch heute das präsentieren zu können. Es hat lange Recherche und suchen nach entsprechenden Teilen gekostet.


    Im 600er Motor kamen über die Jahre 6 verschiedene Pleuel zum Einsatz.


    Im Laufe der Zeit wurden Pleuelkopf, Lagerung oben und unten immer wieder verändert und angepasst.


    Hier nun das ultimative Bild mit Maßangaben und Jahreszahlen.

    Ab1974 dann mit Nadellager im Kopf und Freigabe für Gemisch 1:50.

    Auch gut sichtbar die anfänglich insg. 8 Schmiertaschen im Fuss, die späten auf 4 reduziert und ab Mitte 1971 entfielen alle Schmiertaschen und die Pleuel bekamen am großen Pleuelauge unten den Schrägschliff nach oben hin.





    Hier sieht man die verschieden großen Pleuelköpfe.



    Auch die Breite wurde verändert.



    Die Lagerung im Pleuelfuss war anfänglich ein einreihiges Nadellager mit 3mm Nadeln. Dieses wurde auch baugleich in einer MZ (welche weiß ich nicht) verbaut. Hier links im Bild.

    Rechts das 1966 eingeführte zweireihige Rollenlager mit 5mm Rollen. Man sagte dann RB-Pleuel, wobei ich nicht genau weiß wofür RB steht.



    Heute wird so etwas ja auch wieder gemacht, dass ein 3mm Nadellager verbaut wird und zum Schutz des Zapfens eine Hülse aufgezogen wird als quasi Lagerinnenring.


    Zum Schluss noch die Lagerung im Kopf.


    Ganz links die alte dicke Buchse. Es war nicht vorgesehen diese zu wechseln. Man wollte bei vorzeitigem Verschleiß, die Kolbenbolzenbohrung aufbohren und Übermassbolzen verwenden. Anstatt des Serienkolbenbolzen 20,0mm, sollte ein Bolzen 20,1mmm zum Einsatz kommen.

    Dann die dünne Buchse die im Laufe der Jahre im Material geändert wurde.

    2. von Rechts im Bild ein Lager aus Fremdproduktion (woher ist unbekannt) und ganz rechts ein heute zum Teil auch verwendetes einreihiges Nadellager.



    Die beiden übereinanderliegenden Nadellager zeigen einen Serienlager oben und ein Übermaßlager unten. Übermasslager sind gekennzeichnet durch ein mittig verlaufende Rille.





    So und nun bitte Ergänzungen, Verbesserungen, Hinweise. ich arbeite sie dann ggf. gern mit ein. :)

  • Hallo,


    Vielen Dank zu diesem informativen Beitrag.

    Eine Ergänzung zu den oberen Nadelkränzen habe ich. Hier sind mir schon welche als Nachbau untergekommen, bei denen die Nadeln nich selbsthaltend sind. Besonders bei der Demontage des Kolbens (ziehen des Kolbenbolzens) läuft man Gefahr, dass die Nadeln in das Kurbelgehäuse fallen.

    Bei der Montage kann man den Nadelkranz mit zähem Fett versehen (vorher Kolbenbolzen einschieben, da die Nadeln nach innen fallen), sodass die Nadeln haften bleiben.


    Gruß

    Benjamin

    Fährt und schraubt gern *Simson S50B1* *Schwalbe KR51/1* *Trabant 601 LX '88* *Lada Niva 1700*

    2 Mal editiert, zuletzt von bepone ()

  • Die Nadelkränze, wo die Nadeln nicht halten, würde ich als fehlerhaft bezeichnen. Sie mit Fett "anzukleben" ist hier genauso falsch, wie beim Freilauf.

    Ich könnte mir vorstellen, dass insbesondere Nadeln vom unteren Ende des Toleranzbereichs betroffen sind. Das ist aber nur eine Vermutung. Genau so, wie mir gehäuft herausfallende Nadeln eher bei regenerierten Wellen auffallen und bei denen, die Metall zerrieben haben.

    Die Nadelkränze, wo die Nadeln länger sind und nicht versetzt, sollen kurzzeitig aus dem Westen importiert worden sein. Davon sind mir keine unterschiedlichen Nadelsortierungen bekannt. Außerdem sind sie wohl eher dem Wartburg-Universum zuzuordnen.

  • Wirklich sehr informativ, danke für die Mühen. :thumbup:


    Thema Nadellager hätte ich noch eine Version:



    Untergekommen in einer regenerierten Kurbelwelle unbekannter Herkunft.

    Verbauen möchte ich es nicht.


    Grüße, Tom

    "Nicht alles Braune auf der Welt ist Schokoladeneis."

    (Computer Sam in Jonas-Der letzte Detektiv)

  • Wird der Innenring der Kolbenringabdichtung nicht durch anziehen der Keilriemenscheibe mit fest?

    In der Theorie ja.


    edit. Nach den Videos ist klar, das ist eingelaufen. Aber nicht der Innenring auf der Welle, sondern so wie üblich, die Ringe im Außen- oder Innenring. Egal wie rum, das ist wiederum eine Folge von langen Standzeiten. Das war verklebt und hat dadurch das Einlaufen verursacht.

    Ein weiterer Grund warum man lange gestandene Motoren nicht ohne vollständige Zerlegung starten soll. ;)


    edit2. die Außenringe der Kolbenringabdichtung für die Welle mit Standardlagern, gab es in zwei verschieden Ausführungen, bei denen ich aber nicht genau belegen kann, wann was verbaut wurde. Ich kann wenn gewünscht noch Fotos machen. Den Außenring gab es aus komplett Alu und aus Verbundwerkstoff außen Alu innen Stahlring (Guss), ähnlich wie die Zylinder mit Gusslaufbuchse. Die Gefahr beim weichen Alu vom Einlaufen der Stahlringe ist natürlich ungleich höher wenn sie mal fest sitzen (z.B. weil verklebt).


    edit3. Hab die Bilder noch da. Rechts nur Alu, links mit Stahlinnenring.


  • Wie angekündigt etwas zum Thema Kurbelwelle und Hubzapfenscheiben.


    Hier nun ein paar Bilder von Hubzapfen, die ein immer wiederkehrendes Schadensbild zeigen und hoffentlich erklären warum es immer schwieriger wird gutes Material zu finden.

    Bei 3 von diesen Hubzapfen gab es Korrosion (Lochfraß) einfach nur durch rumliegen.


    Der 4. hatte dann doch auch mal Einlaufspuren die eher nicht so häufig sind.



    Auf allen diesen Hubzapfen kann man so keine originalen zweigeteilten Walzen mehr verwenden.

    Bei den ersten drei wäre nach vermessen und noch vorhandener Rundheit der Überzug mit der Hülse und 3mm Nadellager möglich.


    Eine Forenkollege möchte versuchen die Zapfen aufzutragen und nachzuarbeiten. Mal schauen ob wir da weiter kommen.


    Und wie war das mit Lagerwellen. Im besten Fall haben sie es unbeschadet überstanden. Ich habe gerade letzte Woche ein schönes Beispiel bekommen.

    Die äußeren Lager sind hier zum Auseinanderpressen schon abgezogen.



    Eine regenerierte Welle schlecht gelagert. Man kann sehr gut das sogenannte "Aufdornen" erkennen, bei dem der Zapfen durchbohrt wird, erwärmt und dann ein Übermaßdorn eingetrieben wird, um den Zapfen im Durchmesser zu vergrößern und über zu schleifen.

    Das ware eine gängige Methode bei Barkas um die Wellen zu regenerieren.



    Nach dem die Welle auseinander war ist hier sehr schön die Korrosion am Hubzapfen in der Vergrößerung:



    Im Pleuel:



    und in einem der mittleren Kugellager zu sehen:



    Wenn man das an dem Kugellager gerade noch erkennen kann, ist der Zapfen und das Pleuel nur durch zerlegen sichtbar zu machen.


    Die Empfehlung kann daher nur sein, sollte eine Lagerwelle äußerlich auch nur die geringsten Spuren von Korrosion haben, so ist es in jedem Fall ratsam die Welle auseinanderpressen und überprüfen zu lassen, bevor die Zapfen irrreparabel beschädigt werden.

  • Was wäre deine Empfehlung um solche "Lagerschäden" auf ein Minimum zu redizueren?


    Vakuumieren der Wellen, damit so wenig wie möglich Sauerstoff ran kommt?

    Regelmäßiges durchbewegen und Ölen der Bauteile?


    Die Frage wäre, eine Welle aus DDR Zeiten oder eine die heute gemacht wurde?


    Bei der DDR Welle wird es ohne Zerlegen ein Glücksspiel bleiben.


    Bei Wellen von heute neble ich die ganze Welle mit Addinol W18 ein. Die Lager auch ordentlich duschen. Dann gehts in einen luftdichten Plastebeutel und in den beheizten Keller in einen geschlossenen Schrank.


    Einmal im Jahr ein paar Tropfen nachkonservieren und etwas drehen, damit alles eine andere Position bekommt.


    Vakuumieren würde sicher auch gehen. Dabei vorher gleich etwas mehr vom W18 mit in den Vakuumbeutel und dann verschließen.

  • Als wir 2012 unsere grüne Limo zurückbekamen war der originale Motor kaputt (Lagerschaden).

    Ich habe zu dem Zeitpunkt aus div. Gebrauchtteilen einen "Heimbringermotor" gebaut. Dieser hat inzwischen deutliche Laufgeräusche gemacht, so dass es nun mal Zeit wurde das er raus kommt.



    Beim Gehäuse hab ich offenbar damals was ziemlich Altes gegriffen, was etwa von 1966 ist.

    Zylinder von Anfang der 70ziger mit 3. Schleifmass und eine Standardlagerwelle mit unbekannter und zu dem Zeitpunkt geschätzten 20-40tkm.


    Von 2012 bis jetzt ist der Wagen gut 20.000km mit diesem Motor gefahren. Bis vor 3 Jahren mit Tschechenöl MZ22 und ab da mit 406er.

    Ein Großteil davon auf extremer Kurzstrecke (die Dame des Hauses fährt täglich 1km hin und zurück zur Arbeit :pinch: ), aber zum Freipusten war letztes Jahr auch Anklam (500km) dabei.


    Die Auslässe sind relativ sauber.




    Auch von unten zeigte er sich relativ sauber.



    Die Kolben haben seitlich etwas abgeblasen. Die Ringe sind aber vollkommen frei und beweglich.



    Die Drehschieber sehen akzeptabel aus und haben weitestgehend vollflächig angelegen.



    Allgemein ist im ganzen Block innen gemessen an der Kurzstrecke keinerlei Ölkohle zu finden. Die Welle hat an den Lagern flächig Belag, der aber weich ist und sich größtenteils abwischen lässt.



    Ich hätte nach den Geräusche mit mit deutlich schlimmeren gerechnet.

    Leider ist die Pumpe der Presse aktuell in Reparatur so das ich die Welle erst in 1-2 Wochen zerlegen kann.

    Dann werde ich davon auch noch Bilder machen.


    Im Fazit ist die Verwendung von aktuellem Öl kein Vergleich mit dem Zeug aus der DDR Braunkohle, die Motor wieder zu Braunkohle wurde.


    Jetzt werkelt der originale Motor wieder in dem Auto und schnurrt wie ein Bienchen. Davon hab ich keine Bilder gemacht. Man weiß ja wie ein gemachter Motor aussieht. :)



    Leider ist die Pumpe der Presse aktuell in Reparatur so das ich die Welle erst in 1-2 Wochen zerlegen kann.

    Dann werde ich davon auch noch Bilder machen.

    Aus den Wochen sind auf Grund der aktuell vorherrschenden Situation Monate geworden. Aber heute konnte ich dann doch mal die bewußte Welle zerlegen.


    Zur Erinnerung, der Motor wurde aus augenscheinlich gut gebrauchten eher wenig gelaufenen Teilen aufgebaut, als Überbrückung bis der originale zum Fahrzeug gehörende Motor überholt ist. Aus der Überbrückung sind dann doch ca. 6 Jahre und rund 20.000km geworden.


    Am Ende der Zeit hat der Motor durch seine Geräuschkulisse deutlich zu verstehen gegeben, dass es nicht mehr lange dauert bis es knallt. Bevor das eingetreten ist wurde er zerlegt. Bilder davon sind weiter vorn aus März 2020.


    Hier nun die zerlegte Kurbelwelle:



    Wie man sieht, habe ich zum zeigen dann mal eines der inneren Kugellager aufgeschnitten. Es ist erschreckend wie die Laufbahn sowohl auf dem Innenring, als auch auf dem Außenring und auf den Kugeln aussah.





    Die Hubzapfen sahen kaum besser sind aber durch Hülse/Nadellager wieder rettbar.




    Dem Kenner wird aufgefallen sein, diese Welle wurde schon einmal regeneriert. Warum? Die Gewichte auf der Hubzapfenscheibe sind angebohrt um den einen von hinten verdeckten Drehschieberstift auszutreiben.

    Als diese alle draußen waren, konnte man sofort erkennen, dass sie schon einmal umgedreht wurden. Sie sind damit nicht mehr verwendbar.

    Wann und von wem ist leider nicht mehr nachvollziehbar. Es gibt weder eine Kennzeichnung noch besondere Merkmale die auf einen Betrieb schließen lassen.

    Dem Gesamteindruck nach könnte es aber durchaus eine aus der bekannten Thüringer Werkstatt sein. Alle verbauten Lager waren DDR-Ware.

    (die beide Äußeren waren schon nach dem Motorzerlegen abgezogen und sind hier nicht mehr zu sehen).




    Der erneute Aufruf kann eigentlich nur sein: Bitte von der Verwendung gebrauchter Kurbelwellen mit unbekannter Laufleistung und Vorgeschichte unbedingt absehen. Lieber dem Fachmann übergeben und überholen lassen. Besser früher als zu spät.


    Ich habe die erste Anzeige gesehen, wo eine Kurbelwelle nur gegen Abgabe von zwei alten Wellen überholt wird.


    6 Mal editiert, zuletzt von Tim () aus folgendem Grund: Ein Beitrag von Tim mit diesem Beitrag zusammengefügt.

  • Die Öle von heute sind besser. Wichtig in dem Zusammenhang wäre noch die Erwähnung, dass das Öl ein möglichst hohen Flammpunkt haben sollte. Es gibt auch Öle mit niedrigem Flammpunkt, die dann eher für wassergekühlte Motoren geeignet sind.


    Wer nun wissen möchte was er nehmen soll, hier drei Sorten aus dem Handel:


    Addinol (als 405, 406 und Pole Position)

    Motul 800

    Castrol A747


    Für den Alltag hat sich die Sorte 406 von Addinol als guter Kompromiss im Preis/Leistungsverhältnis gezeigt. Für ein Literpreis von aktuell unter 4€, ergibt sich bei einer durchschnittlichen Tankmenge von rund 20 Litern, Kosten von unter 2€ pro Tankfüllung für das Öl.

    Die Öle von Castrol und Motul, sowie das Pole Position von Addinol sind in ihrer Verwendung eher im Motorsportbereich anzutreffen und für einen Serienmotor mit 18, 20, 23 bzw. 26 PS nicht erforderlich.


    Es gibt auch Fahrer die davon in Gänze abweichen. Das kann man hier:

    1:25, 1:33, 1:50, 1:75, 1:100 oder was...die Diskussion um's Thema Gemisch und Öl

    nachlesen.



  • Heute nur eine Kleinigkeit, bei der aber auch ich wieder etwas gefunden habe was ich nicht kannte.


    Es geht um die Grundplatten der Kontakzündanlage. Es gab da zwei grundsätzlich unterschiedliche Bauformen.

    Einmal für Kontakte Nr. 1135 und einmal für Nr. 1145.


    Interessanter Weise war mir die Bauform 1965 vollkommen unbekannt. Bei dieser Platte hat man das viereckige Loch wo mal der Anschraubkontakt war weggelassen. Diese Platte gab es (vom Werk aus verbaut) nur 1965 und kann damit heute als recht selten betrachtet werden.


    Hier die Platte von rechts nach links.

    Anfang 1964, Ende 1964, 1965, 1966 (so bis zum Schluss 1990)



    Bis etwa Mitte 1964 noch mit unterem fest verbautem (vernieteten) Schraubanschluss für die Leitung zu den Spulen.



    Mit Einführung der Flachsteckhülsen 1964 ließ man den Schraubanschluss einfach weg.



    1965 wurde dann die Stelle wo der Anschluss zum Anschrauben der Kabel saß weggelassen.



    Und ab 1966 dann für 1145er Kontakte mit Exenterverstellung so unverändert bis zum Ende 1990 (ab 1985 mit Einsatz der EBZA nur noch als Ersatzteil).



    Edit:

    Die 1965er Variante wurde offenbar noch eine ganze Weile als Ersatzteil produziert.

    Mir ist eine komplette 1967er Platte neu/unbenutzt zugelaufen, die noch für 1135er Kontakte und einer Platte wie 1965 entspricht.



    Sie war in einem ebenso neuen /2 Gehäuse montiert und wurde so wohl mal als Ersatzteil geliefert/gekauft.

  • Es gibt da nicht nur zwei Sorten. Zum einen zwei verschiedene Materialien (Pertinax und Miramid) und dann die zwei verschiedenen Verstellvarianten.

  • Pertinax ist tatsächlich nie nachgewiesen und auch in keiner bekannten Aufzeichnung erwähnt. Sehr wohl wurden sie oft nachträglich verbaut.


    Es gab neben den 1135 und 1145 auch noch div. andere Nummern und Formen des Hebels (für Mopeds usw.), die aber beim Trabant keine Verwendung fanden.


    Hier nochmal detalierter dargestellt die 1135er (im Bild unten) und 1145er (im Bild oben). Auch wie sie zu verstellen sind mittels Schlitzschraubendreher.



    1145:



    1135:



    Verstellung beim 1145 mittels Exenter:



    Hier die beiden Knubbel neben dem Kontakt sind Gegenhalter für den Schraubendreher:




    Da wird dann der Schraubendreher angesetzt::



    Und um noch einen drauf zu setzen, die 1135 gab es in 4 verschiedenen Varianten. Je 2 mit Pertinax und Miramid und dann einmal der Hebel mit einer Schraube, einmal mit einer Mutter (so wie später auch beim 1145) befestigt.


    Im Zubehör wurden die 1135 in den bekannten kleinen Folien verkauft, aber auch in Schachteln zu je 5 Stk. Laut Aufdruck für Wartburg und Trabant, sowie MZ:



    Pertinax ist bei keinem Trabant im Serieneinsatz nachweisbar.

    Es fand sich beim lesen dieser kleine Satz:


    was bedeuten würde die Hebel waren vorher nicht aus Polyamid, also aus einem anderen Stoff.

    Und da mir dort nur Pertinax bekannt ist...…..

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