Neulich habe ich mir auf dem Flohmarkt einen gebrauchten Aristo-Rechenschieber geleistet. Zugegeben, ich gehoere zu der Generation, die damit noch ihre Mathepruefung in der Schule abgelegt hat. Nach einer Viertelstunde rumprobieren hatte ich die wichtigsten Sachen wieder drauf, obwohl ich so ein Teil bestimmt 30 Jahre nicht in der Hand hatte.
Ich sitze gerade mal wieder vor einem Stapel Klausuren und fand gerade den Taschenrechner nicht (ob wohl der Filius?). Egal. Da war doch der Rechenschieber? Und jetzt kommts: Ich bin beim Ausrechnen der Ergebnisse mit dem Schieber deutlich schneller wie mit dem Taschenrechner! Keine stoerenden Nullen, kein Vertippe, keine wackelige Batterie. Mantisse Maximalpunktzahl ueber die erreichte Punktzahl schieben, bei der 1 od. 10 das Ergebnis ablesen. Fertsch.
Neulich kam ein Zettel von der Schule des Filius: Er benoetigt in der 7. Klasse jetzt unbedingt einen graphikfaehigen Taschenrechner. Mmmm....so ein Teil habe ich nichtmal im E-Technik Studium gebraucht. Gruebel. Und dann sehe ich, wieder meine eigenen Schueler, die fast alle so ein sauteures Teil haben und stolz wie Oskar ihre fremderrechneten 9 Nachkommastellen praesentieren. Nur leider in der Dimension ein paar Zehnerpotenzen danaben liegen. Macht ja nichts.
Das sind bei mir so die Momente, wo ich mich frage, ob es nicht an der Zeit ist, die sog. "Digitalisierung" ein wenig nach ihren Nutzen zu hinterfragen. Die elektronischen Spielereien sind ja ganz nett, nur sind sie wirklich immer nuetzlich?
Ich habe schon ueberlegt, ob ich im kommenden Schuljahr die eine oder andere Mathearbeit mal ohne Zahlen ansetze. Bekanntlich ist ja Mathematik die Wissenschaft, das Rechnen zu vermeiden. Wozu also Zahlen? Die 9 Nachkommastellen braucht kein Mensch, wenn Bauteile schon von Haus aus 10 Prozent Toleranz besitzen. Und die Dimensionen kann man, so fuer den Beruf geeignet, auch im Kopf ausrechnen.
Der Abkehr vom Rechenschieber in den Lehrplaenen wurde seinerzeit mit Zeitersparnis begruendet. Ich glaube, das Ergebnis ist eher eine Ersparniss am erlangten Wissen und Koennen. Sollte der Taschenrechner wieder bis incl. Klasse 8 aus den Schulzimmern verbannt werden?
Vor allem, weil man jetzt unbedingt auch noch Tablets etc. in der Schule benoetigt. Ist das nicht totaler Bullshit? Schliesslich erfand Konrad Zuse den Computer, um baustatische *Routine*berechnungen zu vereinfachen. Aber geht es denn in der Schule um Routine? Ich denke, doch eher um das grundsaetzliche Erlernen von Zusammenhaengen. Ob da die ganze Elektronik hilft? Oder doch nur ablenkt...???
Wie seht Ihr das?