Bremsanlage warten - Komplettüberholung?

  • Moin,


    mein Trabi zieht beim härteren Bremsen stark nach rechts. Vermutlich wird ein ein RBZ sein, schaue mir das mal an. Muss jedoch erstmal die Achsmutter abbekommen..


    Ist ein 89er, ich befürchte auch, dass seit dem nicht all zu viel an den Bremsen gemacht wurde. Im Vorratsbehälter ist etwas Schmodder unten sichtbar. Sollte man bei dieser Gelegenheit einmal die komplette Bremsanlage überholen?


    HBZ einmal aufmachen, bekommt man da taugliche Ersatzdichtungen? Bremsschläuche könnte man dann auch mal wechseln?


    P.S: Mein Vorschalldämpfer ist am Ausgang zum Auspuff auf Höhe dieses Verstärkungsblechs gerissen. Wie viele Auswirkungen hat das auf die Leistung, bzw. kann man das irgendwie reparieren? Schweißen könnte ja schwierig werden bei dem dünnen und rostigen Blech...Hab nun auch gelesen, dass die Nachbauten extrem schlecht sein sollen? Ist dem noch so?


    Danke schonmal!

  • Wenn du dir fast sicher bist, dass seit '89 nix an der Bremse "gewartet" wurde, dann einmal komplett "richtig" anschauen.


    Wenn du es dir zutraust/dich für fachlich ausreichend kompetent hälst deine Bremse zu überholen:


    ...dann Trommeln runter, Achsmutter ab (Schlagschrauber, Gang raus), so dass alles frei liegt und alle Bremszylinder abbauen und Kolben rausdrücken.

    Die Zylinder und Kolben begutachten auf Korrosion, evtl. mit öligem Nassschleifpapier (2000er und aufwärts) etwas auspolieren/läppen bzw. reinigen, dabei schauen das keine Ausfressungen in den Zylindern an den Laufflächen der Manschetten durch Rost entstanden sind. Wenn alles als gut befunden (nichts als Glanz im Zylinder an den Laufflächen), dann neue Manschetten (Trabantwelt) drauf, ausreichend ATE Bremszylinderpaste hinter die Manschette und in die Zylinder (auch vorher damit nicht sparen, zur Montage der Manschetten auf den Kolben).


    Flex-Schläuche auf Risse/Spröde Stellen untersuchen -> wenn ja, ersetzen.


    HBZ komplett zerlegen, Reihenfolge und Bauteile gut merken (Fotos machen), begutachten des Zylinders + der Kolben, evtl. wie die RBZ reinigen/läppen und mit neuen Manschetten von Trabantwelt wieder zusammensetzen (beachten, dass die 2 Kügelchen erst eingelegt werden, nachdem die Kolben in Position eingedrückt sind...--> Fotos im Netz).


    Ankerplatten reinigen/Rost entfernen/versiegeln mit Lack usw... RBZs einbauen (Vorn Richtungsgebunden! L/R). Dann Beläge begutachten (Dicke usw), evtl. leicht überschliefen bei glasigen stellen (Achtung: Asbeststaub bei DDR Belägen), wenn rum, dann austauschen. Rücksteller zurückstellen. Beläge korrekt einlegen und mit Federn und Rückhaltern montieren (vorher Foto, wo wierum welche Feder kommt). An die Auflagefläche der Beläge an der Ankerplatte etwas ATE Plastilube auftragen, vermeidet Quitschen. Trommeln evtl. mal mit Messing-Drahtaufsatz innen vom Rost/Roststellen befreien.


    Alles zusammensetzen und Achmuttern sichern.


    DOT4 Bremsflüssigkeit drauf + einzeln antlüften... (2 Personen). Am Besten mit Überdruck auf dem Behälter das System füllen... Wenn mit Pedalpumpen, dann aufpassen, dass dieses nicht komplett auf Anschlag durchgetreten wird.


    Bei alten durchgerosteten VSDs gibt meist Probleme, dass die Innenblase undicht wird welche dir dann bei Warmluft den Innenraum zubläst (fällt mit ständigen Kopfschmerzen beim Fahren auf). Die Aluminiumplatierte Auspuffanlage von TW hab ich seit 4 Jahren drunter, bin sehr zufrieden, man bedenke den Preis von knapp über 100€. Der VSD hat zwar die 3Grad Neigung am Rohr nicht, aber man bekommt den trotzdem ohne Probleme montiert. Neu hört sich die Anlage eben ein bisschen hohl an, wie sich neue Anlagen eben anhören. Ich finds "kernig". Hab da auch noch ein Video dazu, wo die frisch verbaut ist, bei Bedarf.


    Also du brachst bei Rettbaren HBZ/RBZs

    HBZ Manschetten, RBZ Manschetten Satz, neue Entlüfterschrauben mit Kappen, RBZ Gummieinsätze, ATE Bremszylinderpaste, ATE Plastilube, evtl. Bremsschläuche, evtl. Bremsleitungen, 1L DOT4, evtl. Entlüftergerät für Überdruck auf Bremsfl.Behälter.


    Grüße ;)

  • HBZ komplett zerlegen, Reihenfolge und Bauteile gut merken (Fotos machen)

    Da gibt es schon recht zuverlässiges Bildmaterial, sowohl für Einkreis als Zweikreis-HBZ.

    Wer selber die Leitungen macht, braucht folgende Längen:

    Pos

    Länge

    Anzahl

    Beschreibung

    1

    300 mm

    2

    Bremsschlauch vorn li. u. re. DD 300 x 3 TGL 39-299

    2

    155 mm

    2

    Bremsschlauch hinten li. u. re. AD 155 x 3 TGL 39-299

    3

    33cm

    1

    vorn li. außen Duplex

    -

    1

    vorn li. außen (Simplex bis 1967)

    4

    33cm

    1

    vorn re. außen Duplex

    -

    1

    vorn re. außen (Simplex bis 1967)

    -

    2

    Dichtring 4 x 8 x 2 Cu

    5

    37 cm

    1

    vorn li. innen Zweikreis

    5

    33,5 cm

    1

    vorn li. innen Einkreis

    6

    75 cm

    1

    vorn re. innen Zweikreis

    6

    68 cm

    1

    vorn re. innen Einkreis

    7

    1

    Mitte vorn Zweikreis

    7

    98 cm
P50 95 cm

    1

    Mitte vorn Einkreis

    8

    164 cm

    P50 250cm

    1

    Mitte hinten

    -

    1

    Schelle für Bremsleitung

    -

    1

    Zylinderblechschraube B 3,5 x 0,5 TGL 0-7971

    9

    1

    hinten links

    -

    65 cm

    1

    hinten links (ab 1.10.1980)

    10

    1

    hinten rechts

    -

    65 cm

    1

    hinten rechts (ab 1.10.1980)

    11

    1

    Sechskantschraube M 8 x 30 TGL 0-933-4.8

    12

    1

    Federring B 8 TGL 7403

    13

    16

    Überwurfschraube A 9

    14

    1

    Bremsschlauchhalteblech re.

    -

    1

    Bremsschlauchhalteblech li.

    15

    6

    Bremsschlauchhalter

    16

    1

    Rohrverbindungsstutzen M 10 x 1 TGL 29985/06

    17

    1

    Verteiler M 10 x 1 TGL 29985/07


    Die Nummer 9 und 10 können auch 55cm sein, baujahrbedingt.

  • Bei den Bremsschläuchen nicht lange fackeln, sondern diese im Zuge der Überholung gleich mit neu machen. Ist relativ wenig Aufwand.


    Gruß

    Benjamin

    Fährt und schraubt gern *Simson S50B1* *Schwalbe KR51/1* *Trabant 601 LX '88* *Lada Niva 1700*

  • MM601 Du hast Dir viel Arbeit gemacht, das alles zu schreiben. Vielen Dank dafür.

    Sicher ist wohl, dass da viel zu tun ist. Aber wir kennen die Möglichkeiten von Joar noch nicht. "Am Trabi kann man ja alles selbst machen." Das habe ich gestern erst wieder gehört. Einen Laien kann ich nur abraten, sich so weit in die Bremsanlage zu wagen! So simpel ist die Aufarbeitung des Hauptbremszylinders nun wirklich nicht. Wenn er dann mit 2000'er Schleifpapier anfängt, die Zylinder auszuschleifen, dauert das auch wirklich lange.

    Lassen wir Joar mal zu Wort kommen, was er sich zutraut und/oder wer in der Nähe wohnt, bei dem er über die Schulter schauen kann. Vielleicht ist der Kauf der Teile und deren Einbau schon genügend Herausforderung.

  • Fahrfusshebel: ok danke für die Info, man weiß trotzdem nie was verbaut ist, bevor man's nicht gesehen hat ;)


    trabi: beim erstem Abnehmen der Trommeln nach z.B. Fund d. Fahrzeuges, bürste ich immer die innere Oberfläche mit dem Messingbürstenaufsatz blank um die Bremsfläche begutachten zu können, meißt ist da auch schnell der Flugrost runter... Ausdrehen ist natürlich bei Möglichkeit die bessere Wahl ;)


    bepone: korrekt, wenn die Schläuche augenscheinlich noch nie gemacht wurden, dann raus damit ;)


    V603: Man darf eben nicht vergessen das an der Bremse gearbeitet wird, die einem selbst und anderen das Leben garantieren. Daher auch nur bei ausreichender Kompetenz und/oder logischem Verständnis im Umgang mit Reparaturanleitungen zu empfehlen 8) "Sich die Sache zutrauen" ist die eine Sache, aber "wissen wann man es lassen sollte" die andere :S. Die RBZs "reinige" ich im Innren mit satt in Getriebeöl getränktem 2000er "Schleif"papier/Läpppapier, so entferne ich feste Ablagerungen teilw. von klebenden Manschetten oder angehaftete Ablagerungen von aufgelößten Bremsschläuchen. Ein "Ausschleifen" oder "Aufschleifen" mit 2000er Papier auf ein größeres Maß ist damit nur bedingt möglich, wenn er dieses Leben noch fertig werden möchte :D. Ist der Zylinder danach innen blank, kann dieser weiter verwendet werden, stößt man dabei aber auf Rostausfressungen über die dann die Manschette gleiten soll, dann muss dieser ausgetauscht werden...


    So, nen schönes sonniges WE gewünscht 8)

  • "Die RBZs "reinige" ich im Innren mit satt in Getriebeöl getränktem 2000er "Schleif"papier/Läpppapier, so entferne ich feste Ablagerungen teilw. von klebenden Manschetten oder angehaftete Ablagerungen von aufgelößten Bremsschläuchen."


    Ich schmeiße die bei der Galvanik mit rein, spart Schleifpapier, Getriebeöl, Sauerei und Arbeit.....


    Vorteil: die sind außen gleich verzinkt.

    Nachteil: die außen auch verzinkt, wenn die durch mich nicht mehr instandgesetzt werden können. Glatt 50 Cent verjodelt.... =O;)

  • Moin Leute,


    danke erstmal für die Antworten, ausführlicher hätte ich es mir ja nicht vorstellen können! Mein Plan war jetzt erstmal alle Radbremszylinder zu sichten und dann zu entscheiden was neu muss. Schläuche eh neu.


    Bevor ich loslegen kann, nun schon das erste Problem: Ich bekomme die Achsmuttern vorne nicht ab. Hier im Forum war die Meinung, mit langem Rohr geht das aus und die Sicherung dreht sich raus. Das habe ich versucht und glatt eine Knarre zerbrochen...Dann gesehen, dass der Radmutter ein ordentlicher Stoß verpasst wurde, aber nicht im Bereich der Aussparung, sondern direkt aufs Gewinde:

    Die Frage ist jetzt, wie bekomme ich das Teil ab? Ich befürchte auch, dass das Gewinde vermutlich durch sein wird...das Ganze übrigens beidseitig. Oder hab ich da bzgl. der Sicherung was falsch verstanden?


    @603: Speziell am Trabant hab ich noch nicht an der Bremse gearbeitet, wohl aber am Motorrad. Ist natürlich dort kein Zweikreiser und alles etwas kleiner, aber die Grundlagen und notwendige Sorgfalt sind mir bewusst. Ich hab auch mal meinen Wohnort ergänzt :)


    Gruß Johannes

  • Die Muttern hat sicher jemand wiederverwendet. Deshalb die Kerbe mitten auf dem Gewinde.

    Wenn Deine 32er Nuss jetzt kaputt ist: sei froh. Du wolltest Dir schon länger eine vernünftige kaufen.

    Neue Muttern gibt es an verschiedenen Stellen. Die "für Trabant" haben allermeist einen Aufschlag. Entweder Du kaufst "Febi 03810" für Ford und PSA M20×1,5 in Schlüsselweite 30 (<2€) oder Klemmmuttern für VW. Da weiß ich die Nummer nicht.

  • Ich habe einen ausrangierten Drehmomentschlüssel der etwa 80cm lang ist. Der reicht als Hebel bis jetzt immer. Im Zweifel draufstellen und wippen.

    Alternativ einen entsprechenden Ringschlüssel und verlängern bzw. auch draufstelle wippen.


    Die Kerbe ist wie gesagt wurde durch wiederverwenden der Mutter. Das ist nicht schädlich. An der Stelle ist auch noch kein Gewinde, dass kommt erst dahinter.


    Da wo die Aussparung im Stumpf ist, sollte man die Einkerbung/Sicherung der Mutter vor dem Löseversuch mit einem passend geschliffenen Kreuzmeißel zurückschlagen.

  • Eine Knarre nimmt man auch nicht. Wie wäre es mit einem Schlagschrauber, den gibt es mit Druckluft,Akku oder Manuell....

  • Oh, sorry, wer lesen kann...

    Zum Lösen nimmst Du besser ein T-Gleitgriff. Solltest Du als 1/2 Zoll und 3/4 Zoll (für große Nüsse) haben. Die kann man gut verlängern.

  • Vorher versuchen die Einkerbung etwas aufzuhebeln, indem man einen alten schmalen Schraubenzieher "als Meißel" mit nem Hammer drunter Schlägt. Röstlöser drauf und Einwirken lassen. Man nehme jetzt eine gehärtete 32er Schlagschrauber-Nuss (meißt schwarz und nicht verchromt) und einen Schlagschrauber 8o. Hat bei mir sogar mit einem günstigen 50€ ebay Elektro-Schlagschrauber funktioniert. Er musste etwas kämpfen aber hat super funktioniert.

    Vorher unbedingt Gang raus und Fahrzeug ablassen, so dass Bodenkontakt besteht (vor allem wenn mit Hebel versucht wird zu lösen), um Getriebeschäden zu vermeiden.


    Viel Spaß ;)

  • Glück gehabt....8 von 10 bekomme ich mit dem Luftdruckschlagschrauber nicht auf. Und das ist einer von Hazet mit dem höchst möglichen Lösemoment und der Kompr. steht auf 10 bar.

    Hochwertige Elektroteile können meist mehr Kraft ausüben. Sowas hab ich aber (noch) nicht.


    Insofern ist man mit entsprechendem Nuss- oder Ringschlüsselwerkzeug mit passendem Hebel meist besser dran....ich meine ab :)

  • Ich kann ggf. ja dazutreten....


    Ich kann weit über 1300 Nm statisch anbieten...

    Dynamisch geht da noch deutlich mehr....


    Alle 2 Schrauben 1Faxe strong.....

  • Und denke dran; das wieder anschrauben bitte mit der Hand. Vorzugsweise mit Momentschlüssel. Nicht mit Luft, das ist viel zu viel Gewalt.


    Gleiches gilt für die Radmutter. Wenn du die -wie in so viele Reifenwerkstätten- mit Luft andreht, kannste dir den Transport eines Reserverads genauso gut ersparen, denn die kriegt man am Straßenrand nicht mit der Hand ab. Noch abgesehen davon, daß man die Felgen kaputt dreht.