Uhrenfrage - Schlagwerk Regulator

  • Nun, wie gesagt, ich halte es durchaus für möglich, daß mein Uhrwerk mehrere Jahrzehnte nicht gewartet wurde, daher würde ich das durchaus mal zerlegen und reinigen, nur eben nicht jetzt gleich. Erstmal will ich mich da mal ein bißchen belesen.

    Was mich zu meiner Frage zurück bringt: gibts empfehlenswerte Literatur?


    Und noch eine Frage:

    beim Probelauf fiel mir auf, daß die Uhr immer wieder stehen bleibt.

    Wonach muß ich schauen, um den Fehler zu finden?


    Gruß

    sapere aude! incipe! (Horaz)
    (bzw. frei nach F. v. Schiller: "Erdreiste Dich zu denken!")

  • Hallo,


    Literatur kann ich keine benennen, ich hab mich ein wenig in Uhrenforen eingelesen, das meiste aber “am Objekt“ über viele Jahre gelernt und in meiner Jugendzeit von einem befreundeten Uhrmacher, leider schon länger verstorben, erfahren. Ich hab mich schon als Kind für mechanische Uhren interessiert.


    Wenn die Uhr immer mal stehenbleibt, hängt sie evtl. schief (auf gleichmäßigen Schlag achten) oder das Werk braucht eine Reinigung und Neuschmierung.

    Aber das braucht es sowieso.


    Uhrmachermeister, welche zusammengebaute Werke mit Petroleum reinigen? Sag ich nichts dazu, zu dem würde ich aber nicht gehen.


    Achtung mit Balistol, es kann einige Buntmetalle angreifen. Ist nicht schlimm, sieht dann aber nicht mehr so schön aus.



    Gruß

    Benjamin

    Fährt und schraubt gern *Simson S50B1* *Schwalbe KR51/1* *Trabant 601 LX '88* *Lada Niva 1700*

    Einmal editiert, zuletzt von bepone ()

  • Also ich empfehle die Uhr zum Uhrmacher zu schaffen. Ich habe das mit dem Werk meiner geerbten Standuhr von 1928 gemacht, hab 140 euro dafür bezahlt. Dafür läuft sie genau wie nie zuvor, das ticken klingt wieder gesund und es quietscht auch nicht mehr beim Zeit einstellen.

    allerdings ist es schwierig, Uhrmacher zu finden, nicht nur Batteriewechsler. In Zwickau und bei Leipzig könnt ich Adressen nennen. Aber auch da mit Wartezeit.

    Grüße, Tom

    "Nicht alles Braune auf der Welt ist Schokoladeneis."

    (Computer Sam in Jonas-Der letzte Detektiv)

  • Das ist natürlich ein ziemlich stattlicher Preis. Man sollte dann davon ausgehen, dass das Uhrwerk dann nicht nur eine Benzin- oder Bremsenreiniger-Dusche bekommen hat und die von außen erreichbaren Lagerstellen irgendwie versorgt wurden, sondern das volle Programm durchgeführt wurde.


    Bei mir mangelt es leider oft an Zeit für solche Aktionen, darum dauert ein Uhrwerk auch mal einen Monat (nur komplett zerlegen und reinigen, neu schmieren und zusammensetzen). Dafür habe ich bisher jedes Werk gut hinbekommen, das anspruchsvollste in dieser Größe war das Werk einer Kaminuhr mit Westminster-Schlag. Da gibt's dann ein Geh- und zwei Schlagwerke in einem Gehäuse, sehr spannend.


    Will man noch ein paar Jahrzehnte lang Freude mit einer Uhr haben, ist das aber eben nötig.


    Gruß

    Benjamin

    Fährt und schraubt gern *Simson S50B1* *Schwalbe KR51/1* *Trabant 601 LX '88* *Lada Niva 1700*

  • bepone Das ist schon nicht billig, aber relativiert sich durch die Menge an Arbeit die in der Revision steckt. Das Werk war komplett auseinander, wurde komplett gereinigt (Messing sieht aus wie neu) Lagerstellen wurden teilw. überarbeitet, Zapfen Poliert, alles wieder zusammengebaut, geschmiert und mehrwöchiger Probelauf mit einstellung durchgeführt. Dann wurde das Uhrwerk zu mir nach Hause gebracht und vor Ort in das Uhrengehäuse eingebaut und ausgerichtet. Bei einer Standuhr ist das doof mit der Größe, deswegen hatte ich nur das Uhrwerk samt Pendel und Gewichten hingebracht)


    Grüße, Tom

    "Nicht alles Braune auf der Welt ist Schokoladeneis."

    (Computer Sam in Jonas-Der letzte Detektiv)

  • Das klingt nach einer vernünftigen Überholung.

    Und wenn man bedenkt, welchen monetären, historischen und emotionalen Wert viele Standuhren haben, ist der Preis durchaus in Ordnung.


    Die Uhr wird dich definitiv überleben. ;)


    Gruß

    Benjamin

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  • Na das will ich hoffen, immerhin hat sie schon 2 Generationen geschafft ;)

    Der emotionale Wert ist im Moment der höchste, wenn ich sehe wie billig zurzeit alte Uhren sind. das war vor 5 Jahren noch anders.

    Einen hochwertigen alten Regulator 1910-30 kriegt man schon für 30-50 Euro. vor 5 Jahren musste man das 3fache hinlegen.

    Auch die Standuhren sind für 200 zu haben, weil die Enkel die Uhr der Oma loswerden wollen, weil sie nicht ins heutige Wohnambiente passt.

    Aber das ändert sich auch wieder.

    "Nicht alles Braune auf der Welt ist Schokoladeneis."

    (Computer Sam in Jonas-Der letzte Detektiv)

  • Hinzu kommt: Das (m.E. eigentlich sehr beruhigende) Ticken solch einer Uhr wird heutzutage meist als störend empfunden, vom Gong des Schlagwerkes ganz zu schweigen.

    Für mich war es schon in Kindertagen das Highlight jedes Besuches bei Onkel und Tante in der Schorfheide, wenn dort der Regulator pünktlich alle 1/4h Ton gab. Und 'ne funkt.tüchtige Kuckucksuhr hatten die auch noch...?

  • Dann komm mal zu mir rüber, da tickst du aus vom Geticke ^^


    Aber auch im Schlafzimmer steht eine Kaminuhr mit kleinem Pendelwerk und wenn die mal steht, kann ich nicht gut schlafen.


    Gruß

    Benjamin

    Fährt und schraubt gern *Simson S50B1* *Schwalbe KR51/1* *Trabant 601 LX '88* *Lada Niva 1700*

  • Steffen: ?

    Und nee - meine Verwandtschaft wohnte ausserhalb des eingezäunten Jagdgebietes (in dem sich vor Erich u.a. schon der olle Wilhelm - der Letzte - und der noch ollere Herrmann - der Dicke - rumgetrieben haben). Aber ganz nah dran war's durchaus...?

  • Und gaaanz wichtig: Bevor man so ein Uhrwerk zerlegt, müssen die Federn vollständig entspannt sein, Wenn so ne Feder durchgeht, zerschrotet sie Dir nicht nur Dein Uhrwerk, Du kannst auch Finger einbüßen. Also Handschuhe an, großen Uhrenschlüssel, Sperrklinke vorsichtig entsperren und gaanz vorsichtig die Feder Schritt für Schritt entspannen. "Bremsenreiniger und irgendein Öl" ist auch von Übel. Es gibt (sauteures, aber man braucht davon ja nur µl) Uhrenöl, das genau die richtige Viskosität hat und mit einem speziellen Öler ins Lager gebracht wird. Zu dickes Öl bindet Staub und schmirgelt die Bohrungen in der Werkplatine auf, zu dünnes Öl läuft weg und das Lager läuft trocken. Wenn so ein Werk nicht mehr will, kann es verharztes Öl sein, es können aber auch die Bohrungen ausgelaufen sein, wofür der Uhrmacher dann ein großes Sortiment Buchsen hat.

    Die Räder von Geh- und Schlagwerk müssen beim Zusammenbau in einem bestimmten Verhältnis zueinander stehen, sonst gibts Gongsalat. Den Hebel für die Synchronisation von Geh- und Schlagwerk haben nur Schloßscheibenschlagwerke, das ist die ältere, aber lange parallel zum hier gezeigten Rechenschlagwerk produzierte Bauform. Die gezeigte Zeigerbefestigung mit Vorsteckstift ist nicht ungewöhnlich. Fazit: Das ist schon interessant, so ein Uhrwerk auseinanderzunehmen, der Zusammenbau setzt aber schon etwas Befassung mit der Materie voraus und an sich lohnt sich die Anschaffung von Spezialöl, Buchsen usw. für eine Uhr nicht. Da geht man lieber zu einem "richtigen" Uhrmacher, in Chemnitz z.B. Hermann Nachf. in der Fabrikstraße. Der Laden ist auch so schon sehenswert...

    Literatur: Hans Hager, Instandhaltung von Pendeluhren mit Federantrieb aus deutscher Industrieproduktion 1860-1940 fand ich recht hilfreich.

    Fahr' lieber mit der Bundesbahn!

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  • Geh- und Schlagwerk lasse ich immer langsam von alleine ablaufen, das ist mir die Variante mit dem geringsten Unfall-Potential.


    Beim Gehwerk kommt einfach die Hemmung raus und das Schlagwerk wird so oft betätigt, bis es abgelaufen ist.

    Das Räderwerk sollte ggf etwas abgebremst werden, wenn die Aufzugsfedern sehr unter Spannung stehen.



    Uhrenöle habe ich zwei verschiedene synthetische von Dr. Tillwich, die decken einen ziemlich großen Bereich ab und gab es mal bei Westfalia. Dazu benötigt man noch ein feines Fett.

    Ölgeber benötigt man bei den großen Uhren nicht unbedingt, da kann man genauso gut einen sehr kleinen Schraubendreher oder Uhrmacher-Schraubendreher nehmen.


    Gunnar, wenn ich Zeit hätte, würde ich liebend gerne das Werk mit dir gemeinsam auseinandernehmen. Aber an der Zeit hapert es leider, vor allem jetzt, wo meine Frau hochschwanger ist.


    Gruß

    Benjamin

    Fährt und schraubt gern *Simson S50B1* *Schwalbe KR51/1* *Trabant 601 LX '88* *Lada Niva 1700*

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  • Das find ich klasse von dir :thumbup:

    Allerdings sieht es bei mir mit der Zeit nicht viel anders aus, wenn auch aus anderen Gründen ;)

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