Gibt es hier noch Werksmitarbeiter von Trabant, Wartburg und Co. ?

  • @IFA Alex: Ich habe dort einen Beruf mit Abi gelernt, sozusagen als Vorstufe zum Studium mit praktischer Erfahrung. Dann kam zum Glück die Wende und damit ein Hersteller international konkurrenzfähiger Fahrzeuge.
    Ich kann mir aber schon ausmalen, wie es einem studiertem Ing. oder Konstrukteur ging. Gerade im Werk wusste man spätestens seit Ende der 70iger, dass mit dem Zweitakter keine Wurst zu gewinnen ist. Es wurden ja immer wieder Neukonstruktionen erprobt, welche dann aus politischen Gründen eingestampft wurden. Wohl auch deshalb, weil die DDR finanziell gar keinen Neuanlauf stemmen konnte. Die kommunistischem Staatsplaner haben nie erkannt, was für ein gewinnbringender Wirtschaftszweig die Autoindustrie hätte werden können. Die Erfüllung eines Konstrukteurs war es am Ende, Ersatzteile für verschiedene NSW Maschinen zu entwickeln, um Devisen einzusparen oder ein Mäusekino zu entwickeln - Höchststrafe, schlimmer geht es kaum, wahrscheinlich nur mit Alkohol zu ertragen.
    Also vom Trabi war wohl keiner im Werk überzeugt, auch nicht vom 1.1er. Es war mangels Alternativen ein Fortbewegungsmittel bzw. Schwarzmarkt - Tauschobjekt.
    Die Belegschaft wurde aus aller Herren Länder zusammengekarrt. Viele aus den Nordbezirken, dort ging das AWZ auf Werbetour. Und nicht zu vergessen die "Gastarbeiter": Vietnamesen, Kubaner, Mosambiquaner ... Ist aber auch nichts neues und darüber reden will eigentlich so richtig auch keiner mehr.
    Klappe zu, Affe tot, wie man so sagt.

  • Wenn ich mich recht entsinne hieß es in der Doku übers AWE das die komplette Modernisierung des Werkes+Umstellung der Maschinen,Werkzeuge usw für den eigenen 4T Motor weniger gekostet hätte, als der Umstellung des 353 auf den auch schon veralteten VW 4T mit allem was dazugehörte..... :rolleyes:


    Und laut den damaligen Entwicklern war man mit der Eigenentwicklung vollauf zufrieden naja das es anders kam ist längst Geschichte.

    Fuhrpark:
    Trabant 601 Bj1988
    Suzuki Bandit 650 Bj2005



    Öl gehört ins Benzin!

  • ich möchte mich bei weitem nicht als lang gedienten Werksmitarbeiter bezeichnen. Habe es nach dem Studium gerade mal auf ein knappes Jahr im AWZ (allerdings in einem damals als Traumjob empfundenen Posten) gebracht. Es war ein für mich geiles Jahr. ich durfte mich mit darum kümmern, den 1.1er im Kundendienst ans Laufen zu bringen. Endlich hatte sich, wenn auch nurmotortechnisch etwas bewegt.
    Und aus den Monaten, als die Wende noch nicht absehbar war, kann ich sagen, wie heiss damals die Leute auf den waren. Hast das Auto irgendwo geparkt, kamst wieder und es kuckten nur zwei Füsse unter dem Auto hervor. Jemanden überfahren?, ne die leute sind druntergekrochen, um was vom neuen zu sehen. Mit 136 km/hin beim Wettrennen mit nem Mossi in die Radarfalle geraten, kostete 10,- und eine Fahrzeugbesichtigung. (Der Chef hat an gleicher Stelle auf Geheimhaltung gemacht und 4 Stempel kassiert.)
    Einen Einblick in die Trabantproduktion konnte ich mir noch während des Studiums in der vorlesungsfreien Zeit (Hardcore: 3 Wochen Nachtschicht am Stück in der Baumwolle und Phenolharzmühle, im Presswerk und später "als sozialische Hilfe", wie das hieß, in der Endmontage holen.
    Aber Baumwolle und Harz werden mir immer in Erinnerung bleiben (Dreck, Gestank) .Und ich habe verstanden, warum manche Trabis schneller oder langsamer, als andere sind.
    So eine Matte wurde von 5 Webstühlen gewoben(einer dvon wurde fürs Horchmuseum gerettet), wovon in der Regel immer mind. einer ausfiel. Fehlten 2 oder 3 Webstühle, war die Matte Ausschuss wurde zerrissen undrecycelt. Gingen alle 5 Stühle (ungünsigste Variante) musste am laufenden Band mind. 1 Gewebelage heruntergezupft werden. Dazu wurde am Zuschnitttisch fast jede Matte gewogen, manche oder auch mal mehrere nicht.
    So war also u.U. der eine Trabi mal 10 kg leichter oder auch schwerer. (in einer Schicht war ich mit 4 Vietnamesen am Zuschnitttisch, die waren eine ganze Zeit verschwunden.( Da gab es mal bloss schwere Trabis (ich gestehe)
    1990 war dann ein beunruhigendes Jahr, Gerüchte über Abwicklung, Bestehenbleiben usw. das volle Programm eben. Gott sei Dank gab es Mosel und einen Karl Hahn, der sich der Region noch verbunden fühlte. Ich habe dann auch einen sauberen Sprung geschafft und als Nebeneffekt kam ich zu meinem 1. eigenen Trabi. Als Jung Ing mit knapp 700 Mark Gehalt hätte ich noch ein wenig sparen können. Der erste Trabi war dann ein beiger 87er Kombi Standard im 1 A Zustand für 5000 DDR Mark und einem Westäquivalent von 750,-DM
    Da ich eigentlich auf dem Weg zum Kiosk war, Bockwürste kaufen, stattdessen aber den Trabant entdeckt und sofort gekauft habe, hiess der, solange ich ihn hatte, auch prompt "Bockwurst"


    Und seitdem habe ich immer Trabis (neben den Blechautos) besessen und werde das auch stolz weiter so halten.

    Grüße aus Mari##bor#


    Bernd

    3 Mal editiert, zuletzt von Bocki01 ()

  • Es gab in den 1980er Jahren auch mal ein (kleines) Kontingent Mazda und Golf 1 für außerhalb Berlin - ich erinnere mich, das wir in Dessau jeden Sonntag am Autohaus vorbeigefahren sind, wegen der Anmeldung gucken - und da standen mal ein Golf 1 und mal ein Mazda 323 in der Ausstellungshalle. Ansonsten sind auch gern mal die gebrauchten "Westautos" in die Provinz verkauft worden. Meinem Onkel wurde 1988 ein Peugeot (aus dem Berliner Raum) angeboten - der DDR untypisch nicht gepflegt war und dessen Bodenblech wie Käse aussah.


    Ansonsten hat sich meine Ma damals 1973 zu meiner Geburt für ein Auto angemeldet - und ich hätte mit 18 einen neuen Trabant kaufen können... wäre nicht vorher alles anders gekommen... und wir schon 1988 einen der ersten 1.3er Wartburg gekauft hätten. Listenpreis 32000 Mark. Eine Woche später hätten wir das Wägelchen für 90000 Mark weiterverkaufen können.... hätte man gewusst, wie es weitergeht................... ;)^^

    :aicke: TRABANT - mehrfach Alpenerprobt
    Wos´n doa loooohhhhs??? :aicke:

  • Ja, Bocki, das stimmt. Der 1.1 erregte damals viel Aufsehen, aber nur solange der Preis von 19 T Mark nicht bekannt war. Die Vorserien liefen ja noch um einiges besser als die Serien 1.1, so mancher Lada oder Wabu Fahrer hat auf der Autobahn dumm geguckt, als ne Pappe mit 140 vorbeizog.
    Das Teure am 1.1 war ja nicht nur der Motor (welcher für das Grundkonzept Trabant eigentlich völlig ungeeignet war, zu aufwändig, zu schwer, zu teuer), sondern die rückständige und teilweise nicht vorhandene Zulieferindustrie. Dort mussten plötzlich horrende Summen in neue Maschinen investiert werden, weil nur Schrott vorhanden war. Deshalb auch meine feste Meinung, dass jeder Neuanlauf, auch eines eigenentwickelten Fahrzeuges von der DDR finanziell nicht zu stemmen war.
    Dabei wäre vieles so einfach gewesen: Bereits in den 70igern hätte der Schwerpunkt in Richtung Kombi gehen müssen, dann noch nen kleinen luftgekühlten 4 Takter mit 800 kubik und 35 PS, a la Ente und der Wagen wäre auch im NSW unters Volk gebracht worden, als robuster Zweitwagen, Studentenkarre....

  • Der P603 hätte es 1968/69 locker 'rausgerissen - den hätten sie in die halbe Welt exportieren und mit den Valutaeinnahmen eine Luxus-DDR durchfinanzieren können. Und der ganze Westen wäre entwicklungstechnisch hinterhergeholpert - hinter dem Auto und hinter der DDR.


    Aber es hat nicht sollen sein...


    Die Vorserien liefen ja noch um einiges besser als die Serien 1.1


    Den Eindruck habe ich auch - insbesondere hinsichtlich der NULLserien. Aber was war bei denen anders? Gut - manche hatte den 1.3, aber das kann ja nicht alles gewesen sein...

  • [quoteJa, Bocki, das stimmt. Der 1.1 erregte damals viel Aufsehen, aber nur solange der Preis von 19 T Mark nicht bekannt war.][/quote]


    Na ja, die ersten 1.1er an verdiente Mitarbeiter des Volkes sind auch für den Preis weg gegangen. Geklagt wurde erst später. Das Geld war ja da, wenn ich so an die Gebrauchtwagenpreise denke.
    In den freien Verkauf hat er es ja gar nicht mehtr geschafft. Ich habe dann meinen Kombi für 5000,- DM gekauft. Das war damals auch ein unschlagbarer Preis.

  • Lt. Wanni wohl auch die Vorserien. Meiner macht auch ne 140...145 lt. Navi.
    Webervergaser (Nockenwelle?).

  • Ja, genau waren es 5475 Mark im April 1991. 3 Wochen vor Schluss. Der togaweisse Universal hat mich 8 Jahre und während meines Hausbaues begleitet. Der Anhänger inkl. Nutzlast wog ab und zu auch mal mehr als das Zugfahrzeug...
    Ich habe den Kauf nie bereut, alternativ hätte ich für das Geld auch Schrott aus den gebrauchten Bundesländern kaufen können :)

  • @ Wanni: Fotos von der 1.1 Produktion hab ich keine. Ich war ja bis 06 / 1991 in der Gelenkwelle, die zu diesem Zeitpunkt schon zu GKN Drivline gehörte. Ab 06/91 war ich dann in der Sächsischen Automobilbau GmbH. Da wurden der Polo II und der Golf II produziert. Der Trabi war da in Mosel schon lange Geschichte.
    Aber ich hab noch nen Haufen Interne Kundendienstinformationen vom 1.1 (von 04/89 bis 03/91), teilweise in doppelter Ausfertigung. Der nächste feste Termin ist für mich Winkels Treffen Ende August. Vorher ist es problematisch (Job und Urlaub). Ich will auf alle Fälle von Freitag bis Sonntag dort sein. Da könnt ich das Zeug mal mitbringen.
    Beste Grüße!