Was macht ihr denn gerade?

  • So pauschal würde ich das nicht sagen. Ich hatte ihn in Hessen nie (bin aber auch nach 1990 zur Schule gegangen). Aber ich kenne aus der Schulbibliothek noch die standardisierten Listen für die ausgeliehenen Lehrbücher. Da gab es durchaus eine Kategorie "Polytechnik". Ich würde daraus schließen, dass es ihn irgendwann an irgendeiner Schule in Hessen gab.

    Ich hatte in Hessen Unterricht in dem ich gekocht habe. Ich hatte Unterricht in dem ich mit Holz gearbeitet habe, dabei das Millimeterpapier, die Normschrift und den Messchieber kennen gelernt. Ich erinner mich noch gut an meinen selbst gemachten Drachen. Ich hab auch ne elektromagnetische Schaukel gebaut. Also nur singen und klatschen war es nicht :) .

  • Vor ein paar Jahren habe ich mal eine Realschule hier in Berlin Weißensee besichtigt.

    Die waren ausgestattet, da ist mir der Kiefer runtergeklappt.

    Textilbearbeitung, Kochen, Holzbearbeitung, Metallbearbeitung, Elektrotechnik,

    für alles ein großes Kabinett, Kabinett ist gut, ein großer Raum 1A und nagelneu.

    Was dagegen die Hauptschulen und Gymnasien zu bieten haben: Landkarten und Modelle aus DDR-Zeiten.

    Habe ich sogar einiges wiedererkannt.

    "Nein, meine Söhne geb ich euch nicht !"

  • Und die Künstler mußten doch auch alle einen Beruf vorweisen können,

    was eher nicht geschadet hat. :hüpf1:

    Die meisten heutigen freischaffende Künstler (also richtige Künstler jeglicher Art, nicht die Freigeister) haben den auch heute, schon weil man meist nebenberuflich anfängt. Künstler ist nunmal mehr Berufung.

  • Schwalbe vom Sohn eines Kollegen aufhübschen.

    5 Lackschichten....

    Und Beulen und Risse.

    Neu beblechen fällt aus, dafür bekommt man fast ne neue Schwalbe....

    Mach ich Billardgrün, obwohl es die Farbe bei der /1 noch nicht gab, möchte derjenige so.

    Rahmen geschweißt. Löcher verschweißt.

    Kleinteile bei akf für 280,-bestellt.

    Montag ist das Ding fertig, danach kommt wieder was größeres, richtig rottiges im Blech. Schweller, Einstiege, Radschalen, Teile des Bodenblechs, Frontbrille tauschen (Unfall, vorn links ist das Auto 1 cm kürzer).

    Hatte mal blaue Stoßstangen und Lampenringe, falls sich jemand erinnert oder sogar mitliest 😉

  • Polytechnischen Unterricht gab es in der BRD jedenfalls nicht.

    Nun, in dem Fall, wenn man nicht dabei war wird es schwierig das wirklich zu beurteilen.


    Ich war von 1989-1993 in Hessen auf einer Realschule. Und zwar auf der Gleichen wie AV P601 deluxe.

    Und da gab es ein Nebengebäude mit entsprechenden Fachräumen für Kochen, Naturwissenschaften, Werkstatt usw. Wir haben gekocht, gefeilt, gebohrt, gelötet, gehämmert und experimentiert.

    Die haben das vielleicht nicht polytechnisch genannt, aber es war genauso ein Unterricht wie im Osten, mit dem Vorteil das die Ausstattung der Westschule gegenüber der letzten POS wo ich war, gerade zu fantastisch war.


    Es gab kein PA, also wöchentlich in die Betriebe gehen, sondern es gab in der 9. und 10. je zwei Wochen Schülerpraktikum im Betrieb/Unternehmen/Verwaltung usw. nach eigener Auswahl.


    Das halte ich im Nachgang auch für deutlich förderlicher als ständig nur in irgendeinen Betrieb zu gehen und das zu machen was die wollen ohne das man sich das aussuchen konnte. Ich sollte bei Narva Glühlampenmontagemaschinen bestücken.......meine Begeisterung dafür hat sich sehr in Grenzen gehalten.


    So habe ich zwei sehr interessante Wochen in meinem späteren Lehrbetrieb verbracht (das Mercedes Buswerk in Mannheim) und zwei weitere Wochen als Alternative zum Großbetrieb war ich in einem BMW Autohaus im Werkstattbereich.

    Und das habe ich mir alles selbst ausgesucht und wurde nicht in irgendeinen Betrieb als Aushilfe gezwungen.


    Meine Frau denkt auch er mit Zorn an den PA wo sie irgendwelchen Holzschachteln zusammenleimen musste.


    Insofern würde ich die Entwicklung nach der Schule ganz sicher nicht dem Unterricht zuschreiben. Also im Bezug auf das die Kinder im Westen nie ein Werkzeug in den Händen hatten.


    Ob das nun flächendecken differierte weiß ich nicht. Es gab da sicher auch Schulen die nicht so gut ausgestattet waren.


    Aber per se in den Raum stellen das die Westkinder auf Grund fehlenden polytechnischen Unterrichts handwerklich ungeschult waren ist einfach nicht richtig!

  • Die Realschule heißt nicht umsonst "real" - dieser Schultyp setzzt(e) offenbar besonders auf Praxisbezug und ein ganzes Stück weit Berufsvorbereitung. Andere Schulformen sind da scheinvar wesentlich "lebensferner". Die praktischen Grundfähigkeiten der heutigen Lehrlinge sprechen jedenfalls dafür (weil sie oft auch im elementaren Bereich einfach nicht mehr vorhanden sind X/ )


    Also ich/wir haben in Werken und PA u.a. gelernt: Werkzeuge (er)kennen und damit umgehen, diverse Holzarbeiten, einfache E-Arbeiten incl. Schukostecker abschließen (Kabelvorkonfektionierung u.a für "Plättenkrüger" in BRB, Gleiches mit Koax-/Antennenkabeln und Leitungen mit Schalter), Bohren, Schleifen, Feilen /Metallbearbeitung, Erd- und Beton(ier)arbeiten, incl. Gehwegplatten und Zaunpfähle incl. Bewehrung herstellen. Etc.pp..

    Das allermeiste davon konnte ich im späteren Leben gut bis sehr gut gebrauchen und anwenden. :)

  • Heute sind es aber auch oft "Interessenverschiebungen". Die Möglichkeiten von heute sind halt andere als vor 30, 50, oder mehr Jahren.

    Die Kinder von heute sind keineswegs blöd, aber wenns sie eben schon frühkindlich vor der Glotze mit 100 Programmen, dem PC oder Smartphone sitzen, dann lernt man weder die Natur noch irgendwelche handwerklichen Geschicke kennen.


    Und weil die Eltern der Schulkinder von heute auch schon zum großen Teil nur Überflussgesellschaft kennen......wer solls den Kindern beibringen.....wo soll das Wissen herkommen.....

    Und ja, dann bekommt man Praktikanten die wirklich NULL Fähigkeiten haben.

    Eigentlich traurig...aber so ist es halt.

  • Von TZ habe ich nicht nur in der Lehre gezehrt, sondern auch bei diversen anderen Gelegenheiten....


    Bauantrag für die Garage ohne CAD beispielsweise.



    ESP hat da eher noch gesellschaftlich-kulturhistorischen Wert.....

  • Von TZ habe ich nicht nur in der Lehre gezehrt, sondern auch bei diversen anderen Gelegenheiten....


    Bauantrag für die Garage ohne CAD beispielsweise.

    ...erlebt derzeit zumindest hier im Landkreis eine kleine Renaissance. Neben denen, die es noch nie anders gemacht haben und auch nicht mehr machen werden, tauchen vermehrt Bauanträge jüngerer Bauvorlageberechtigter ("Ein Bauingenieur ist ein Möchtegern-Architekt, der am Freihandzeichnen gescheitert ist bzw. ein Architekt ist ein Möchtegern-Bauingenieur, der in der Mathematik versagt hat") auf, welche auch gänzlich ohne CAD-Software arbeiten (können).


    Wir hatten nur/immer samstags "Werken" und ich habe in irgendeiner AG noch Knöppe annähen und Löcher stopfen gelehrt bekommen...dann kam gefühlt auch irgendwann ganz bald die Wende und dann war Schluss damit.

  • Und dann war da heute noch ein Motor der einen äußerlich guten Eindruck machte, aber es hieß er ist fest.



    Und er ist wirklich nur sehr wenig gelaufen, aber es war wohl Wasser drin (wieso auch immer).


  • Polytechnischen Unterricht gab es in der BRD jedenfalls nicht.

    Stimmt so nicht. Irgendwann wurde das Fach "Werken" in "Polytechnik" umbenannt. Aaaaber: Es hing enorm von der Verfügbarkeit brauchbarer Lehrkörper ab, ob da was sinnvolles gemacht wurde. Von der Zerlegung und Instandsetzung eines Opel Olympia bis zu ziemlich sinnlosem Rumgepansche mit Ton konnte einen da alles erwischen. Insofern würde ich dem entsprechenden DDR- Unterricht den Vorzug geben, weil mir der aus den Berichten meiner dort sozialisierten Mitmenschen insgesamt stringenter und praxisnäher erscheint.

    Das im Osten verbreitete Klischee vom Schauspielunterricht o.ä. ist aber genauso ein Quatsch, wie äquivalente West- Vorurteile gegenüber dem Osten. Wir waren ja nicht alle auf der Waldorfschule. Und auch dort gabs kluge Leute. Fazit: Ich habe in 13 westdeutschen Schuljahren keinen Schauspielunterricht genossen, dafür eine Weile "Polytechnik" gehabt, wo wir dann eher untermotiviert gekocht, genäht und getöpfert haben. Wir waren halt die mit dem nicht so tollen Lehr(Leer?)körper...

    Und auf dem Gymnasium hielt man uns natürlich als künftige Reserve für geistige Höhenflüge nahezu vollständig von allem fern, was irgendwie praktisch verwendbar schien. Das merkt man Entscheidungsträgern mit höherer Schulbildung wohl auch durchaus an. Mein Idealbild eines Vorgesetzten ist jemand, der die Arbeit seiner Untergebenen aus eigener Praxis kennt. Aber gut: Wie war das mit dem sozialistischen Leiter und dem Zitronenfalter? Hat auch nicht immer funktioniert.

  • Die Motivation des Lehrer spielte in beiden Systemen natürlich eine zentrale Rolle.

    Mein Werklehrer ist Osten war noch alte Schule kurz vor der Rente. Der hat natürlich noch sehr viel zeigen und vermitteln können.

    Allerdings waren seine Methoden zuweilen auch fragwürdig, denn ich habe sicher meinen Teil dazu beigetragen, aber dennoch hätte der mir anno 1987 nicht mehr ein Ohrfeige geben dürfen das ich umfiel.


    Und dann in Hessen waren da auch Lehrer wo man praktisch etwas lernen konnten. Von Holz- und Metalbearbeitung, über das Kochen, bis hin zum Bau eines primitiven funktionsfähigen Radio (mit Draht um Klopapierrolle wickeln usw.) und noch vieles mehr.

  • Marlene


    Bei den Chinesen war es üblich, dass die Chefs einmal im Jahr in die Produktion mußten.

    Sie sollten den Kontakt mit den Werktätigen nicht verlieren.


    Von einigen Auswüchsen abgesehen hatte die DDR aber ein besseres Schulsystem. Was ja auch international

    durchaus gewürdigt wurde.

    Die Schüler wurden ohne Frage besser auf das Arbeitsleben vorbereitet.

    Das wird jeder Arbeitgeber, der die DDR noch erlebt hat, bestätigen.

  • Mal nachgucken, ob das Wasser noch da ist...


    Eher Badeteich - Feeling als wildes Meer 😁


  • Wir hatten nur/immer samstags "Werken" und ich habe in irgendeiner AG noch Knöppe annähen und Löcher stopfen gelehrt bekommen...dann kam gefühlt auch irgendwann ganz bald die Wende und dann war Schluss damit.

    Knöpfe annähen, Knopflöcher säumen, Stopfen bis hin zu Sticken hatten wir in der 4. oder 5. Klasse als reguläres Schulfach, nannte sich "Nadelarbeit" und war definitiv auch nicht verkehrt. Da es mich schon lange anstinkt, dass die heutigen Arbeitssocken allzuoft nur noch eine Halbwertzeit von wenigen Malen Tragen haben, ehe der große Onkel rausguckt, habe ich mir über Winter deren fachgerechte Rep. vorgenommen, durch das damals erlernte Stopfen der Löcher. Danach müssten die Dinger quasi 'ewig' halten - ganz so, wie die seinerzeit von Oma akribisch gestopften Socken. "Nachhaltigkeit" ist nämlich eigentlich ein uralter Hut, insbesondere im Osten. ;)