Ich habe nur knapp eine Dekade DDR-Zeit erlebt.
Bis auf die Schule habe ich nur wenige schlechte Erinnerungen an die DDR, weil man nicht vermisst, was man nicht kennt/hat oder hätte haben können - und als Kind sieht man vermutlich sowieso alles lockerer. Ein Ostsee- oder Ungarnurlaub waren für mich absolute Highlights. Als Enkel eines Pfarrers wurde einem im Kindesalter schon mitgegeben, dass das, was der Opa da macht und vertritt, nicht so richtig erwünscht ist. Das "Warum" hab ich damals nicht begriffen. Da meine Familie stark in die Kirchengemeinde integriert war und ich u.a. auch die Christenlehre besuchte, führte dies leider manchmal zum "Ausschluss" bei schulischen Veranstaltungen u.a. von Pioniernachmittagen, AG's, Zirkeln, Fest der jungen Talente, etc. ...für gute sportlichen Leistungen (ich kam für kurze Zeit durch den Leistungssport nach Jena), wurde ich wiederum an der heimatlichen Schule auf dem Appellplatz ausgezeichnet. Zusätzlich erlernte ich ab dem 6. Lebensjahr zwei Musikinstrumente (das war in die Schule integriert) und wurde aber, wie oben schon geschrieben, nur selten oder gar nicht berücksichtigt, wenn es um einen Auftritt der Klasse mit Musik und Gesang z.B. beim Besuch der Patenbrigade ging. Freistellungen von der heimatlichen Schule für ein Trainingslager o.ä. entpuppten sich in meinem Fall nicht als Vorteil, da der Leistungsstand nach Rückkehr trotzdem abgeprüft wurde.
Einige Erinnerungen aus früher Kindheit sind bei mir mit Gerüchen verbunden:
- die Abgase der Skoda Müllabfuhr konnte ich von denen des W50 genau unterscheiden und so wusste ich, ob es sich lohnt ans Fenster zu springen, um das Anheben der großen Container mit dem Ausleger zu beobachten oder nicht,
- der süße Geruch von Zuckerwatte aus dem großen Holzbauwagen mit roten Felgen und roter Deichsel, wo es neben Zuckerwatte auch leckeres Softeis auf dem Weg vom FDGB-QEK zum Tarnewitzer Strand gab,
- bestialisch stinkenke Kinderschuhe, da komplett aus (abfärbendem) Kunststoff,
- Gär- und Hefegeruch in der Untersstadt durch VEB Nordbrand,
- unterschiedliche Gerüche von Öl im Bereich der IFA,
- der Geruch von "Das Volk" - ich wusste schon aus 1m Entfernung, ob ich an den Briefkasten muss,
- der Geruch von Speckitonnen bei meiner Oma in Neumark bei Weimar (bei uns in Nordhausen habe ich sowas nirgends gesehen),
- die Gerüche in der Sero-Annahmestelle von muffigem, feuchten Papier und gärenden Getränkeresten,
- Gerüche verschiedener Linoleumbeläge,
- saurer Geruch und nasse Füße in den Sandalen im Sommer im Bereich der Milchtüten-Gitterbox in der Kaufhalle,
- der Geruch vom Schweißen, wenn mein Onkel wieder einen Trabant aufgebaut hat usw. usw. ...
Mein Vater hat die DDR gehasst - er wollte immer viel und weit weg (ver)reisen. Als Sohn eines Theologen konnte er weder den Beruf erlernen, den er wollte, noch studieren. Er wurde nach Immatrikulation ohne Grund wieder exmatrikuliert. Er erhielt nur die Information an gar keiner Hoch-, Ingenieur- oder Fachschule oder Universität der DDR studieren zu können. Das Leistungsstipendium wurde aberkannt und es ging in eine örtliche Kiesgrube - später durfte er dann nach zig Anträgen, Eingaben, Erklärungen, Bittschreiben etc. doch noch studieren. Dafür musste er sich u.a. jahrelang aktiv beim Thema "Wehrerziehung"/ "Wehrunterricht" engagieren.
Meine Mutter als studierte Bibliothekarin brachte das Geld nach Hause. Ich habe nach der Schule oft viel Zeit in der Bibliothek integrierten Phonothek verbracht und mit den übergroßen Kopfhörern die "neuesten" Schallplatten hoch und runter gehört...
Erster Familienwagen war eine 3-Gang-Schwalbe in saharabraun, dann kam der erste, durch meinen Onkel aufgebaute P60, welcher aufgrund seiner billardgrünen Lackierung der "Frosch" war und später gab es dann unsere "Butter". Mein Onkel baute uns aus einer stark deformierten Unfallkarosse einen 601 Universal auf, welcher in champagnergelb (aber das vom Wartburg) lackiert wurde - wenn er poliert war, sah er aus, wie Butter in der Sonne...
Ich hatte zuerst nen Holzroller, danach nen luftbereiften Roller, nen West-Kettcar, nen abgenutztes "Blitz" der ersten Serie von meiner Schwester und dann kam die Wende...