Alles Duden oder was

  • Und da sind wir wieder bei der Politik. Nach den letzten Wahlen in Sachsen wurde der praxiserfahrene Schuldirektor (Dresdner Gymnasium) auf den Posten des Kultusministers gesetzt. Er war es nur nicht lange. Ein junger Rechtsanwalt, ohne pädagogischer Qualifikation, aber mit richtigem Parteibuch, löste ohne hieb und stichfester Begründung den berufserfahrenen Pädagogen einfach ab.

  • Werden die Mathearbeiten auch so geschrieben oder darf man da beim Nachbarn abschreiben? :D

    Da darf man eine Erklärung einreichen, dass sich die Aufgabe gar nicht lösen lässt.


    Wir hatten das so: Lehrer betritt das Klassenzimmer, alle Schüler hoch von den Sitzen. Tagesgruß, Kopfrechnen angesagt. Die Aufgaben waren zunächst anspruchsvoll und wurden dann immer leichter. Einer nach dem anderen durfte sich aufgrund der richtigen Lösung hinsetzen.

    Das wäre heutzutage undenkbar. Denn es wurde eben auch wahrgenommen, wer da immer noch zuletzt gestanden hat...

  • aber an einer ganz normalen öffentlichen Grundschule?

    Ja, an einer ganz normalen öffentlichen Grundschule. Und da haben wir noch das Glück, daß die Klassenlehrerin Baujahr 1970 ist und somit zumindest noch ihre Ausbildung nach DDR-Prämissen bekommen hat. Die ist seit fast 30 Jahren dabei und Anfang der 90er waren die Experimente der neuen Freiheit ja noch auf Änderung der Sitzordnung im Klassenzimmer beschränkt. Was man auch schnell wieder aufgegeben hat...aus guten Gründen.


    Das wäre heutzutage undenkbar. Denn es wurde eben auch wahrgenommen, wer da immer noch zuletzt gestanden hat...

    Diese In-Watte-Packerei verstehe ich auch nicht.

    Was soll das?

    Im Berufsleben wird man heutzutage im Ernstfall jeden Tag zur Schnecke gemacht, daß es nur so spritzt. Jeder glaubt, gegenüber Mitarbeitern jedes Recht zu haben. Und dann lernen die in der Schule nichtmal, mit der Situation umzugehen, daß man auch mal der Verlierer sein kann? Dieses Bildungswesen bereitet niemanden mehr aufs reale Leben im Kapitalismus vor - es ist eine Katastrophe. Deshalb brauchen auch jedes Jahr mehr Jugendliche irgendwelche Psychologen und immer mehr völlig weltfremde junge Leute starten ins Leben und staunen dann, daß da draußen mit knallharten Bandagen gekämpft wird - und zwar Tag für Tag ums tägliche Brot.


    Ein Ergebnis dieser Bildungsmisere ist für mich das Fräulein Thunberg aus Schweden.

    Nur in Wattte aufgeachsen, Wohlstandskind durch und durch, nie den Kontakt zur echten Arbeit gehabt und dann auf den Putz hauen, als sei sie die rechte Hand des lieben Gottes persönlich. Hybris bis über den Horizont, aber mal Holz hacken, umgraben, Wände malern oder irgendwas Handfestes? Das kennen sie nur aus der Theorie...

  • Also wer ein 14-Jähriger Holz hacken läßt, darf froh sein wenn nur der Axt kaputt geht und beim Wände anmalen, kann man bestimmt selber noch mal drüber.

    Allein schon das Bißchen, daß ich mich noch erinnere was ich in meinem unbeaufsichtigten Untersuchungstrieb aus Neugierde alles abgewrackt habe...


    Aber ich verstehe was du meinst. Hier nennt man das die 'Gummiplattengeneration': Auf dem Spielplatz nie richtig hart auf dem Boden gefallen, und so nie gelernt auch nur den basalsten Gefahr einzuschätzen.

  • Ich denke, dass zwischen "dämlich" und den genannten Lernschwächen (die sich sicher niemand aussucht oder wünscht) doch ein recht mächtig gewaltiger Unterschied besteht.

    Es besteht die Gefahr, dass seit Einführung dieser Vokabeln die Kinder von irgendwelchen Sachverständigen einfach so in diese Ecke gestellt werden. Weil es so einfach ist.

    Die Schwere der Defizite bleibt dabei unberücksichtigt. Aber der Lehrkörper hat Klarheit. Und das spricht sich rum.

    Da ist es doch besser, wenn das Klassenkollektiv Bescheid weiß. Denn das verblasst ganz schnell.

  • Also wer ein 14-Jähriger Holz hacken läßt, darf froh sein wenn nur der Axt kaputt geht und beim Wände anmalen, kann man bestimmt selber noch mal drüber.

    War das ernst gemeint? Bis vor ca. 60 Jahren war es völlig normal, dass die Mehrheit der 14-Jährigen nach der 8. Klasse die Schule beendeten und eine Berufsausbildung begannen. Die wenigsten von ihnen haben sich während der Ausbildung selbst verstümmelt, und aus den Meisten ist etwas "Anständiges" geworden.


    OK, in meiner Jugend waren die Abgänger nach der 8. Klasse eher die Ausnahme, und dann auch schon 15 oder 16 Jahre alt ;) Aber eine ordentliche Ausbildung haben viele von denen trotzdem hin bekommen. Und Holz hacken mit 14 oder jünger war ganz normal. Wer zuerst nach Hause kam, hatte im Winter dafür zu sorgen, dass die Heizung im Gange bleibt. Wenn dabei mal was schief gegangen ist, dann gab es auch mal einen Anschiss, weil man in der Regel den Arbeitsschutz nicht beachtet hat.


    Auch heute würde ich nicht alle Jugendlichen über einen Kamm scheren. Mein Neffe war beispielsweise mit 14 handwerklich schon besser drauf, als sein Vater. Das hat er vermutlich von seinem Großvater mütterlicherseits geerbt. Inzwischen ist er Akademiker, hat aber ein durchaus polytechnisches Portfolio.


    Und auch hier im Forum hatten wir ja vor wenigen Jahren ein 14-jahriges Mitglied aus Niederbayern, das sich nach anfänglichen Querelen doch recht hoffnungsvoll entwickelte, später aber auf Grund anderer Prioritäten unser gemeinsames Trabant-Hobby vorerst wieder aufgab.


    Viele Grüße

    Steffen

    Früher fuhr ich 6V, weil ich musste. Heute tu ichs, weil ich kann.

    Einmal editiert, zuletzt von Fridl () aus folgendem Grund: Korrekturen

  • Fridl Ich habe 14 genommen, weil die Greta 14 war, als sie weltweit bekannt wurde.


    Gegenüber dein N=1 kann ich mein* N=1 setzen.

    Und hey, vor 60 Jahren, das ist kein Vergleich. Damals gab es noch kein Playstation-RSI, oder SMS-Daumen, man hatte als Bub Murmel in der Hosentasche statt ein Schmierföhn.

    Auch ich bin handwerklich weitaus geschickter als mein Alter war, bloß wurde das bei mir nicht gefördert, weil ich genauso wie er verbal ganz gut war. Er hat mich geradeso noch beigebracht wie ich mein Fahrradschlauch flicke, damit er es nicht mehr tun brauchte.


    *↓

  • Auch ich bin handwerklich weitaus geschickter als mein Alter war,

    Bei mir ist es genau umgekehrt. Als Jugendlicher war mein handwerkliches Geschick gefühlt eher immer unter dem Durchschnitt. Das kommt vielleicht auch daher weil auf dem Dorf alle Jungs eher handwerklich geprägt waren. Mein Vater ist übrigens genau der Großvater mütterlicherseits meines oben erwähnten Neffen.


    Heute hab ich mehr Selbstvertrauen und auch mein handwerkliches Geschick und Fingerspitzengefühl weiter entwickelt. Kann beispielsweise zumindest auch mal eine Gehrung freihändig sägen. Und mit meinem Vater auf Augenhöhe diskutieren und ihn ggf. von meinem Standpunkt überzeugen.

    Früher fuhr ich 6V, weil ich musste. Heute tu ichs, weil ich kann.

  • Kann beispielsweise zumindest auch mal eine Gehrung freihändig sägen

    Das ist für mich als ausgesprochener Handwerker selbst mit Gehrungssäge nicht einfach. :D



    Und mit meinem Vater auf Augenhöhe diskutieren und ihn ggf. von meinem Standpunkt überzeugen

    Wenn mein alter Herr sagt, Corona gibt's nicht, dann gibt's Corona nicht. Ganz einfach. <X


    Gruß

    Benjamin

    Fährt und schraubt gern *Simson S50B1* *Schwalbe KR51/1* *Trabant 601 LX '88* *Lada Niva 1700*

  • Ich brech' zusammen. Schleichdiktat. Scheiße, unser großer kommt nächstes Jahr in die Schule. Ich hab mir mal auf "Grundschulkönig" den sogenannten Sinn dieser Sache angeschaut. https://www.grundschulkoenig.d…/diktatformen/laufdiktat/

    Kommt dem Bewegungsdrang entgegen. Ogottogott. Wir mußten übrigens während der Schulstunden stillsitzen. Für den Bewegungsdrang gabs die Pausen. Haben wir überlebt. Das hat mit DDR nichts zu tun: Schule West und Ost hat sich mMn vor 1989 nicht so sehr unterschieden, mit Ausnahme der DDR- typischen Besonderheiten wie Rapport und länderspezifischer Abartigkeiten wie Ganzwortmethode. Über das gegliederte System kann ich nichts schlechtes sagen; die Nieten waren wir am Gymnasium halt schnell los und froh drüber. Aber das da heute ist ja gruselig, und das ist ein Kultusminister von der angeblich konservativen CDU.

    Ok, dann werden Diktate halt zuhause geschrieben. Schleichen darf das Kind dann in der Schule.

    Meine Oma (Jahrgang 1922) war Volksschullehrerin in Hessen. Kriegsbedingt wurde sie mit 22 Jahren als Ersatz für den frontdienenden männlichen Lehrer an eine einklassige Volksschule (also: Alle 8 Jahrgänge in einem Raum!) berufen, obwohl sie noch in Ausbildung war. DAS waren Bedingungen. Sie mußte detaillierte Berichte über ihre Arbeit verfassen, die mir vorliegen. Eigentlich sollte ich das mal veröffentlichen... Man staunt, was die Kinder damals für ein Niveau hatten...

  • Ich kenne sowohl Schleich- als auch "richtige" Diktate aus meiner eigenen Grundschulzeit. Beide hatten durchaus einen sehr verschiedenen Lerneffekt. Bei den Schleichdiktaten, die in den 90ern in Hessen noch "Laufdiktate" hießen wollte man schon immer schnell sein. 3 mal hin- und herlaufen um zu sehen, wie man ein Wort richtig schreibt, war da einfach nicht drin. Insbesondere lernte man dabei aber sich längere Textpassagen zu merken. Das hilft durchaus beim schnellen Abschreiben von Texten zB von der Tafel, was ich in den Jahren danach in der Schule noch zur Genüge brauchte.


    Also: Ich denke beide Lernformen haben ihren Reiz. Sie fördern beide die Rechtschreibung, aber legen den Fokus ein bisschen verschieden. Die gute Mischung machts, mal Schleichdiktate, mal traditionelle Diktate macht bestimmt auch mehr Spaß als immer das Gleiche zu machen. Aber ich bin auch kein Pädagoge und habe wohl viel weniger Erfahrung mit Kindern als die Meisten hier im Forum.

  • Meine Großeltern hatten sechs Jahre Dorfschule, in der alle Jahrgänge in einem Klassenzimmer saßen.

    Sie konnten aber astrein lesen, schreiben und rechnen, letzteres besonders im Kopf.

    Da konnte man sich mit DDR-Bildung noch was abschneiden.

    Geschichtswissen aus der damaligen Zeit war unbeschreiblich.

    Biologie und Körperertüchtigung gabs zu Hause auf dem Hof, Werken und Nadelarbeit ebenfalls.

    Wenn auch die pädagogischen Methoden mehr als zweifelhaft waren,

    aber die Grundvoraussetzungen für das weitere Leben waren fest verankert.


    In der POS hatte ich einen Kumpel aus der Nachbarschaft.

    Der war bereits zwei Mal sitzen geblieben.

    Man was haben wir vergeblich geübt - lesen, schreiben rechnen.

    Die Schule hat ihn bis zur 8. durchgewurstelt und er hat einen Beruf gelernt, was Praktisches.

    Und dann ging plötzlich das Lesen, Schreiben und Rechnen....


    Sohnemann meinte gerade:

    "Laufdiktate, ach ja, der Blödsinn.

    Die Lehrer können doch eigentlich unterrichten wie sie wollten,

    es kommt doch keiner in den Unterricht kontrollieren."

    "Nein, meine Söhne geb ich euch nicht !"