Ich möchte heute mit einem Blog beginnen um über die immer wiederkehrende Frage zu diskutieren, wie lange hält mein Trabantmotor. Außerdem möchte ich im Verlauf Hinweise zur Identifizierung und Änderungen am Motor einstreuen.
Ein wenig angeregt durch die Kurbelwellendiskussion, finde ich ist es an der Zeit heute damit zu beginnen.
Mein Thema wird bevorzugt der Motor mit 600ccm ab 1962 sein.
Wer sich mit dem 500er gut auskennt, darf hier gerne loslegen.
Oft wird gefragt, was kann ich tun um das bestmögliche aus meinem Motor rauszuholen.
Hier soll nun ein andauernder Erfahrungsaustausch entstehen, um die Kenntnisse von gestern und vor allem heute zu teilen. Gerne auch mit entsprechendem Bildmaterial.
Anders als sonst werde ich hier deutlich strenger auf die Themeneinhaltung achten und OT usw. entfernen. Insofern bitte ich schon jetzt beim Thema zu bleiben. Dazu gehört natürlich auch das Thema Öl, aber zu viel Öl wische ich weg.
Beginnen möchte ich mit einem Statement von Sachsenring selber aus dem Jahr 1985. Dieses darf und muss natürlich auch differenziert mit den damaligen Umständen in der DDR betrachtet werden. Grundsätzlich treffen die kommenden Aussagen aber auch heute noch zu.
Zu einigen Fragen der Funktion und Lebensdauer des Trabantmotors
Ausgehend von den hier im Werk eingehenden Anfragen zum Fahrzeug Pkw Trabant 601 sind natürlich
solche zum Betriebsverhalten des Motors von bestimmter zentraler Bedeutung Es erscheint
deshalb von Wichtigkeit einige solcher Fragen einmal richtig darzustellen, da in den Betrieben
VEB Sachsenring und VEB Barkas als Motorproduzent die Sachkenntnis hierzu am größten ist und
auch alle Erfahrungen im Gebrauchsverhalten des. Pkw Trabant 601 erfaßt und ausgewertet werden.
1 Lebensdauer des Motors
Die konstruktive Zielstellung der Trabantmotoren bis Baujahr 1984 lautet, daß eine durchschnittliche
Laufzeit von etwa 60 000 km bis zur Grundüberholung zu erreichen ist Im Werk liegen
viele Kundenbriefe vor, in denen diese Kunden berichten daß sie zum Teil weit über
100 000 km zurücklegten bei völlig normalen Verbrauchs- und Leistungswerten. Natürlich gibt es
auch Einzelfälle, wo trotz normaler Einsatzbedingungen ein vorzeitiger Motorschaden auftrat.
Solche Fälle lassen sich bei einer Großserienfertigung nicht restlos ausschließen und treten
auch bei anderen Pkw- und Motorproduzenten auf. Konstruktion, Fertigung und TKO bemühen sich,
solche Fälle absolut zu minimieren. Es gibt aber auch äußere Einflüsse, die der Produzent nicht
zu verantworten hat.
2. Einflußfaktoren zur Erreichung hoher Lebensdauerwerte
Ausgehend von den vorliegenden Erfahrungen ist bekannt, daß folgende Faktoren von besonderer
Bedeutung sind:
- vorschriftsmäßige Keilriemenspannung und -zustand, um Schlupf und damit
Motorüberhitzung zu vermeiden,
- exakte Zünd- und Vergasereinstellung zur Sicherung normaler Betriebsbedingungen
und eines thermisch gesunden Motors,
- regelmäßige Kontrolle der Zündkerzen, Auswechseln der Zündkerzen nach 15 000 bis
20 000 km, da nach dieser Laufzeit die Kerzen verschlissen sind und der vorge
schriebene Wärmewert nicht mehr vorliegt.
- zweitaktgerechte Fahrweise, d. h.:
hohe Belastungen bei niedrigen Drehzahlen vermeiden
rechtzeitig zurückschalten
ständiges Fahren mit Höchstgeschwindigkeit und Höchstdrehzahl vermeiden
zurückhaltende Belastung und Fahrweise speziell im Anhängerbetrieb (Wohnwagen!)
- Verwendung der vorgeschriebenen Kraft- und Schmierstoffe
Erfahrene Trabantfahrer und Werkstätten wissen auch, daß bei einem gebläsegekühlten Zweitaktmotor
einige Abstriche gemacht werden müssen im Hinblick auf Laufkultur. Die auftretenden Nebengeräusche
im Leerlauf sind harmlos und verlieren sich iii der Regel bei geringfügiger Drehzahlsteigerung
3. Zum Mischungsverhältnis 1:50
Obwohl wir hierzu bereits mit Informationsdienst einige grundsätzliche Bemerkungen gemacht
haben, halten wir es für notwendig, auf dieses Problem nochmals einzugehen.
Die Auswertung von Prüfstand- und Fahrversuchen in den Jahren 1970 bis 1973 und früher führte
zu dem Ergebnis, daß ein Mischungsverhältnis von 1:50 völlig ausreichend ist für die Schmierung
des gesamten Kurbeltriebes einschließlich Kolben und Zylinder. Kritisch war jedoch der
Schmierbereich Pleuelbuchse-Kolbenbolzen, besonders bei hoher Belastung. Deshalb wurde das
Mischungsverhältnis 1:33 damals zunächst beibehalten. Nach konstruktiver Überarbeitung dieser
Lagerstelle und mit der serienmäßigen Einführung des nadelgelagerten Kolbenbolzens im
April 1974 waren alle Voraussetzungen gegeben, um das Mischungsverhältnis 1:50 generell freizugeben.
Voraus gingen selbstverständlich weitere umfassende Prüfstand- und Fahrversuche,
die prinzipiell im Verhältnis 1:60 und noch niedriger gefahren wurden. Die Überprüfungen verliefen
unter allen Betriebsbedingungen erfolgreich. Seit diesem Zeitpunkt April 1974 schreibt,
wie allen bekannt, der VEB Sachsenring ein Mischungsverhältnis von 1:50 vor. Natürlich gab es
im Zeitraum ab 1974 im Zuge der Weiterentwicklung des Motors eine Reihe von konstruktiv-technologischen
Änderungen. Diese Änderungen sind den Werkstätten bekannt. Alle diese Änderungen,
und das bestätigen die Kontrollen und Versuche, haben jedoch keinerlei negativen Einfluß auf
das Zusammenspiel Mischungsverhältnis 1:50-Lebensdauer des Motors.
Es soll auch an dieser Stelle eindeutig zum Ausdruck gebracht werden, daß die unseren Werkstätten
bekannte Problematik "Pfeifen/Undichtheit des Radialwellendichtringes" nicht auf das
Mischungsverhältnis 1:50 zurückzuführen ist. Der VEB Sachsenring und VEB Barkas wissen, daß
eine Reihe von Tankwarten, Meistern und Monteuren aus Werkstätten die Dinge anders sehen und
eigentlich schon immer Vorbehalte zum Mischungsverhältnis 1:50 hatten. Wir bedauern dies und
möchten an dieser Stelle auf folgendes verweisen:
- Das Mischungsverhältnis 1:50 ist nicht dafür verantwortlich, wenn in Einzelfällen Frühzeitausfälle
auftreten.
- Die Anzahl der Frühzeitausfälle liegt eindeutig in einem Prozentbereich, der in keiner
Weise als kritisch anzusehen ist.
- Von besonderer Bedeutung sind die unter Punkt 2 gegebenen Hinweise zur Erreichung hoher
Lebensdauerwerte.
Wir bitten unsere Werkstätten, diese Ausführungen richtig zu verstehen. Das Fahren im Mischungsverhältnis
1:33 ist falsch und im Prinzip schädlich. Es führt nicht nur zur Verschwendung
von Öl und damit Energie, sondern auch zu einem anomal starken Aufbau von Ölkohle im
Verbrennungsraum, die zum starken Klingeln und damit Leistungsverlust führen kann.
4. Zum Klingelverhalten
Es gibt zunächst die Erkenntnis, daß jeder Motorhersteller "hart an der Klingelgrenze" konzipiert,
um dadurch optimale Motorkennwerte abzusichern. Grenzen werden gesetzt durch die
Oktanzahl des Kraftstoffes. Für den Trabantmotor ist Normalkraftstoff mit einer Oktanzahl
von 88 vorgegeben. Natürlich gibt es im Rahmen der TGL auch für Kraftstoffe zulässige
Schwankungsbreiten oder auch Toleranzen genannt. Diese können sich auch beim Trabantmotor
auswirken. Solche Feststellungen trifft man auch bei anderen Fahrzeugen. Es gibt aber auch
andere Einflüsse. So ist bekannt, daß bei Fahrzeugen, die überwiegend im Stadtverkehr gefahren
und nach längerer Zeit wieder einmal auf Fernverkehrsstraßen oder Autobahn gefordert
werden, folgendes auftritt:
- starke Abgasfahne
- anomales Klingelverhalten
- Höchstgeschwindigkeit wird nicht sicher erreicht.
Nach 10 bis 15 km stabilisieren sich die genannten Erscheinungen, der Auspuff ist frei und
der Motor ist voll da. Das ist eine völlig normale Erscheinung, und die Großstadtfahrer
kennen das schon seit längerer Zeit.
5. Zum Motor Baujahr 1985
In Auswertung aller vorliegenden Erkenntnisse konzipierte der VEB Barkas den WE-Motor
Stufe II, der außer dem neuen Vergaser 28 H 1-1, der sich seit Juli 1984 gut bewährt,
folgende WE-Maßnahmen beinhaltet:
- Kolbenringabdichtung für Kurbelwelle
- veränderte Hauptlagerung für Kurbelwelle
- optimierte Bauteile Kurbelgehäuse-Zylinder zur Erreichung günstiger
Verbrauchs- und Leistungsdaten
- veränderte Zylinderköpfe, Erhöhung der Verdichtung auf 7,8.
Die Zielstellung lautet, daß mit diesem Motor eine Lebensdauer von 100 000 km erreicht wird.
Es wurden inzwischen bisher weit über 80 000 neue Trabant 601 seit Januar 1985 mit diesem
Motor ausgerüstet.
Aus den vorliegenden Informationen ist ersichtlich, daß der Motor eine gute Qualität aufweist
und Leistung und Verbrauch außerordentlich positiv liegen. Zu beachten ist, daß infolge
der bewußt eingeführten Abmagerung im Teillastbereich durch den Vergaser 28 H 1-1
sowie die erhöhte Verdichtung eine geringfügige Erhöhung der bereits vordem bekannten
Klingelneigung eingetreten ist. Diese Erscheinung ist als normal anzusehen und beeinflußt
in keiner Weise den motorischen Betrieb sowie die Lebensdauer.
6. Zusammenfassung
Mit dem vorliegenden Bericht sollte unseren Vertragswerkstätten und somit auch unseren Trabantfahrern
aufgezeigt werden, welchen Standpunkt der VEB Sachsenring zu bestimmten Fragen
bezieht. Es sollte mit beachtet werden, daß bei einer Zahl von weit über 1,7 Millionen
Trabantfahrzeugen, die in der DDR zugelassen sind, die Fragen der Wartung und Reparatur
heute eine entschieden größere Bedeutung haben als vor 10 Jahren. Auch die Altersstruktur
der Fahrzeuge - 45 % sind bekanntlich älter als 10 Jahre - zwingt zur logisch richtigen
Einordnung und Bewertung der Häufigkeit von Instandsetzungsleistungen in den über 1000 Vertragswerkstätten
auch bei Motoren. Unseren Vertragswerkstätten möchten wir versichern, daß
der VEB Sachsenring diesen Fragen große Aufmerksamkeit schenkt und alle Anstrengungen unternimmt,
um gemeinsam mit dem VEB Barkas-Werke Karl-Marx-Stadt die Probleme der Qualität stets
positiv zu beeinflussen.
Wir möchten die Leiter unserer Vertragswerkstätten bitten diesen Informationsdienst mit
ihren Kollegen exakt zur Sicherung einer einheitlichen Sprachregelung auszuwerten und
in gleicher Weise Anfragen der Trabantfahrer zu den genannten Punkten zu beantworten
Zwickau