Es gibt Sie doch noch, man muss sie nur lange genug suchen!

  • Hallo liebe Trabifreunde,


    hier möchte ich einmal die Geschichte meines (vor ca. einem Jahr) erstandenem Trabi berichten. Ich hoffe der Text gefällt euch :)


    An einem Winterwochenende war ich mal wieder zu Besuch in der Vulkaneifel, der ich ein Jahr zuvor für meinen Job in Köln den Rücken gekehrt hatte. Wieder eingekehrt in der vertrauten Heimat fiel mir recht flott ein, dass meine MZ ES 125 schon seit langem nach dem Grundieren und Füllern mal etwas Farbe vertragen könnte, so fuhren mein Vater und Ich in den nahegelegenen Nachbarort um die MZ beim örtlichen Lackierer abzuliefern.

    Dieser war sofort Feuer und Flamme als er "die alte Dame" zu Gesicht bekam, da er selber lange Zeit DKW und NSU gefahren ist. Als die Details der Lackierung besprochen wurde und wir auf die DDR zu sprechen kamen, erwähnte er Beiläufig, dass er noch einen Trabant Kombi veräußern müsse, da ihm einfach der Platz fehle.

    Ich wurde hellhörig und wollte mir das Gute Stück einmal anschauen. Und da stand er auf einmal vor mir... ein etwas träger Anblick der zwei Scheinwerfer, die Fehlende Stoßstange sowie ein kapitalistischer Seitenhieb vom "Klassenfeind" ließ die Euphorie in mir erst einmal erstarren.

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    Als ich mir den Wagen dann etwas genauer anschaute, fiel mir schnell auf, dass es sich hierbei um ein 77er Standardmodell handelt, dass war etwas, was mein Vater und ich schon länger suchten (ca. 10 Jahre) , was aber immer an der weiten Entfernung der Fahrzeuge scheiterte.

    Dazu kommt, dass der Wagen keinerlei Durchrostungen aufwies. Lediglich die Bretter auf dem Dachgarten waren verfault, aber immerhin war ein Dachgarten dabei:love:.

    Schnell fragte ich den Besitzer, was er für den Wagen haben wolle... Dieser Antwortete ziemlich zügig: "Ja jung, dat was ich für die Kiste damals bezahlt han! Un dat waren 150 tacken". Mein grinsen zog sich von Gerolstein bis nach Zwickau und ehe er sich versah , hatte er einen Handschlag meinerseits.


    Stolz wie Bolle, nahm ich die Papiere entgegen (original DDR) und den Schlüssel des Wagens, dass Auto musste leider noch ein paar Tage warten bis es in die neue Garage einziehen durfte...

    Der verzögerte Umzug hatte 2 Gründe. Einmal meine Mutter, die von einem weiteren Auto so überzeugt war, wie Egon Krenz von der Wiedervereinigung und einmal mein Ersatzteil-kombi, der noch immer auf ihrer Terrasse schlummerte.

    Zuhause angekommen, zog ich direkt in die Diskussion, denn es lautet nun mal Ihr Haus und somit auch Ihre Regeln. Glücklicherweise Gewann ich mit dem Argument, dass der E-Trabi von der Terrasse verschwindet und somit hatte ich 2 Fliegen mit einer Klappe geschlagen.


    Abends wurden die Papiere natürlich erst einmal "Studiert" und es fanden sich ein paar für mich interessante Erkenntnisse. Der Wagen wurde 12 Jahre lang von einem Lehrer gefahren, der sich im September (Abmeldedatum in Rlp) auf den Weg vom Harz in die beschauliche Eifel über Ungarn machen musste/wollte.


    Zwei "lange" Arbeitswochen später war es dann endlich soweit, der Wagen stand vor meiner Tür und kaum jemand bekam mich die nächsten Tage zu Gesicht. Als erstes baute ich eine 6 Volt Batterie ein und unternahm nach einer Vergaserreinigung einen Startversuch... und siehe da, der Wagen schnurrte nach 10 min Orgeln, einer halben Flasche Startpilot sowie 29 Jahren Standzeit wieder:thumbup:. Das Problem für den langen Startvorgang wurde auch relativ schnell wieder gelöst, dass Problem lag am Anlasser, der aufgrund von "Altersmüdigkeit" nicht mehr so recht drehen wollte.


    Jetzt wurde klar, dass der Wagen schnell Tüv fertig gemacht werden musste, um mit ihm die nächsten Treffen unsicher machen zu können. Gesagt getan! Die Bremsen wurden erneuert, die Reifen gewechselt die Zündung nachgestellt und die Aussenhülle auf Vordermann gebracht (so gut es geht).

    Letztendlich blieb noch der lästige "Seitenhieb des Klassenfeindes". Dieser wurde mit dem beiliegenden neuen Kotflügel, einem Hydraulikzylinder und etwas Geduld gerichtet.


    Nun war alles fertig, nach unfassbaren 10 Jahren (Original Ostauto wartefeeling) war es dann endlich soweit, mein Trabi fährt zum Tüv. Nach der Beseitigung kleiner Feinheiten, bestand er diesen auch beim zweiten Anlauf :D.


    Somit konnten die ersten Treffen angefahren werden, welche ich aus vorläufigen Misstrauen in die alte Technik nur auf Nordrhein-Westfalen und Rheinland Pfalz ausweitete. Für die weiter entfernten Treffen musste die bewährte sowie erprobte Limousine herhalten :).

    Jedoch bewies er sich auf dem Weg nach Ascheberg (Westfalen) sowie nach Döttesfeld (Westerwald) als treuer Begleiter, der es sich definitiv verdient hat, wieder auf Treffen in den Osten einzureisen, selbstverständlich mit der dazugehörigen Rückreise :)!


    Und Achjaaa, das hier ist das vorläufige Ergebnis! Der Frontschaden wurde vorerst nur notdürftig Lackiert, was im Laufe des Jahres aber noch Professionell erfolgen soll.


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    Jetzt habe ich mir lange genug die Finger wund geschrieben, einen schönen Abend wünscht Stracki!

  • Dachgarten ist überholt und montiert;) Leider sind die Bilder noch nicht dem heutigen Stand entsprechend.


    Man wird sich dann bei Markus auf dem "Dachgartentreffen" sehen ^^

  • Motor nach 29 Jahren ohne öffnen gestartet? Na dann viel Glück......wie sagte JL letztens....mal wieder alles falsch gemacht!

    Wann wird auch der Letzte begreifen, dass man sowas nicht mehr machen sollte? Zumindest nicht wenn man länger was davon haben will.

  • Hallo,


    Glückwunsch zum schönen Universal!


    Auch wenn der Text schön geschrieben ist, eine “Überholung“ sieht vollkommen anders aus.


    Gruß

    Benjamin

    Fährt und schraubt gern *Simson S50B1* *Schwalbe KR51/1* *Trabant 601 LX '88* *Lada Niva 1700*

  • Bei 10 min Rumgeorgel bedankt sich vor allem der Anlasser.


    Wenn es Starthilfespray braucht, ist es eh zu spät.


    Dies alles ist nichts anderes, als eine *notfdürtige* Wiederinverkehrbringung eines angeschlagenen Fahrzeuges mit Wartungsmangel und Wartungsstau.


    Was über die "Wiederinverkehrbringung hinausgeht, kann hier an einigen Beispielen in der Galerie besichtigt werden - auch die Illusion der "Rostfreiheit".


    Im Betrieb werden sich dann auch noch andere Aspekte ergeben, die nach einer nicht grundhaften Instandsetzung dann im laufenden Betrieb behoben werden müssen.


    Ansonsten ist das Fahrzeug zweifelsfrei erhaltenswert.....

    Jetzt wo ich tot bin ist alles soviel leichter,
    ihr müsst alle aufstehen und ich schlaf einfach weiter.


    Nicht lange raten, recherchieren! Original-Trabant.de

  • Selbstverständlich ist das Fahrzeug noch nicht am Ende seiner Überholung angekommen. Dennoch bitte ich um Verständnis, dass ich hier nicht jeden Gesichtspunkt der bisher durchgeführten Maßnahmen im Text verflüssigt habe, da dies meiner Meinung nach den Rahmen des Textes gesprengt hätte.




    Ich betrachte das ganze als "nach und nach" Überholung.

  • Schick isser ja ;) aber du wirst in laufe der Zeit die eine oder andere Überraschung noch erleben .

    Aber auch ich bin auf deine Berichte sehr gespannt.;)

  • Das die Kiste nicht fertig ist, weiß ich auch :D, keine sorge, es geht noch weiter!


    Das ich mir damit aber keinen Stress mache, liegt im Grunde darin, da ich noch einen erprobten Trabi (Limo) im Konvoi habe. An dem ist bereits einiges überholt (bis auf den Motor), der auch noch ungeöffnet ist und bereits seine 50.000 km bei mir ohne Probleme absolviert hat :)

    Ich finde immer jeder sollte es so machen, wie er es für richtig hält.

    (Vorausgesetzt wird natürlich, dass man etwas davon versteht).


    Neben den oben aufgeführten Dingen, habe ich die Antriebe überholt, getauscht und die Manschetten gewechselt.

    Verschleiß sowie Gummiteile wurden Gewechselt (Benzinhahn, Luftfilter, Schläuche, Bremsleitungen, Vergaserdichtungen usw. ).

    Am Fahrwerk wurden vorerst nur die Silentbuchsen sowie Gummiteile gewechselt.


    Anschließend habe ich die Zylinder demontiert, von lästigem Öl befreit (außerhalb) und mit neuen Dichtungen versehen.

    Danach war noch das Getriebe dran, an dem ich lediglich einen Getriebeölwechsel vorgenommen habe.


    Im Innenraum habe ich die ziemlich abgesessenen Sitze neu Bezogen(Originalgetreue Überzieher).


    In diesem Jahr ist noch eine Hohlraumkonservierung, die Erneuerung des Unterbodenschutzes und die Beseitigung einer kleinen Faulstelle oberhalb der A-Säule vorgesehen.


    In diesem Sinne wünsche ich noch einen schönen Abend und bedanke mich für bisherige Kritik und Lob. :)

  • Die "kleine Faulstelle oberhalb der A-Säule" deutet in der Regel auf einen vergammelten Dachrahmen hin.

    Ein typisches Problem beim Uni. Daher würde ich das mit der Konservierung lassen bis der mal richtig zerlegt wurde. Incl. Dachhaut abnehmen.

  • Grundlegend geb ich dir vollkommen recht, mit einer gründlichen ordentlichen Instandsetzung. Bei entsprechender Nutzung und Konservierung kann man auch über Jahrzehnte mit ein paar Rostlöcher klar kommen, solange wie der TÜV damit auch zufrieden ist. Man sollte sich aber bewusst sein das solche Durchrostungen auch Schwachstellen am Auto sind, die im Falle eines Unfalls schneller nachgeben und auch trotz guter Konservierung weiterrosten können.

  • Das Loch in der A-Säule kann durchaus schon auf eine strukturelle Schwächung des Dachrahmens hindeuten. Bei meinem war das bereits vor 10 Jahren so weit und inzwischen habe ich das auch noch mehrmals bei anderen gesehen.

    Das kann man sich schönreden oder es instandsetzen. So unwichtig ist der Bereich ja nicht.

  • Da hast du recht, bei mir liegt es jedoch daran, dass sich die Befestigung vom Dachgepäckträger aufgrund einer fehlenden Unterlage dort sehr unschön verewigt hat.X/


    Aber ich werde das Doch wohl trotzdem mal demontieren, da ich bei einem anderen Kombi nach demontieren des Daches auch auf solche unschönen Roststellen gestoßen bin, die man von aussen nicht gesehen hat. Die ganzen anderen Karosseriebereiche sind dann natürlich auch noch dran.


    Aber alles zu seiner zeit, der Wagen wird zu 95% sowieso nur in der Garage stehen, da ich ihn nicht vor Ort habe und ihn fast nur für Treffen verwende.