Uhrenfrage - Schlagwerk Regulator

  • Hallo zusammen :)


    Haben wir hier im Forum eigentlich einen Uhrenexperten oder auch Hobbyuhrmacher?

    Hab da nämlich eine Uhr, die nicht mehr ganz richtig tickt bzw. schlägt ;)


    Gruß

    Gunnar

    sapere aude! incipe! (Horaz)
    (bzw. frei nach F. v. Schiller: "Erdreiste Dich zu denken!")

  • Hobbymäßig mache ich einige Sachen. Das komplette Demontieren, reinigen, zusammenbauen und neu schmieren habe ich von Damen-Miniatur-Handaufzugsuhr bis größerer Wanduhr mit Schlagwerk durch. Für größere Reparaturen fehlt allerdings meist spezielles Werkzeug oder Ersatzteile.


    Was ist denn das Problem beim Regulator?


    Gruß

    Benjamin

    Fährt und schraubt gern *Simson S50B1* *Schwalbe KR51/1* *Trabant 601 LX '88* *Lada Niva 1700*

  • Nun, beim Schlagwerk muß irgendwie mächtig was durcheinander gekommen sein (wie auch immer).

    Die Uhr schlägt jeweils zur halben Stunde einmal Ding-Dong und zur ganzen Stunde dann eben x mal Ding-Dong je nach Uhrzeit. Allerdings hauen die ganzen Stunden nicht hin. Momentan verhält sich das wie folgt:

    Uhrzeit Anzahl Schläge
    1 2
    2 1
    3 4
    4 3
    5 4
    6 6
    7 6
    8 7
    9 9
    10 9
    11 10
    12 11

    Also völlig wirr.

    Es gibt auch am Uhrwerk einen Hebel, mit dem man den Schlag auslösen kann, aber da ändert sich auch nix.

    sapere aude! incipe! (Horaz)
    (bzw. frei nach F. v. Schiller: "Erdreiste Dich zu denken!")

  • Mit dem Hebel stellt man es eigentlich ein. Heißt die Gong Zahl zu Uhrzeit anpassen. Es scheint um 1h nach zu gehen, sollte bedeuten 2x am Hebel ziehen.

    Warum nun zB die 5 Un 8 Stunde fehlt muß man rein schauen. geht eigentlich nicht

  • Also ich hab die Uhr z.B. gestern mal auf um 7 gestellt, so daß sie 6 mal schlug. Dann den Hebel betätigt --> wieder 6 mal geschlagen. Nochmal Hebel --> wieder 6 mal.

    Es scheint sich nix zu ändern. Oder muß man den Hebel in einer bestimmten Zeigerstellung betätigen?

    sapere aude! incipe! (Horaz)
    (bzw. frei nach F. v. Schiller: "Erdreiste Dich zu denken!")

  • Das mit dem Hebel ist nur bei billigen Kuckucksuhrwerken. Ansonsten löst der eben nur die korrekte Anzahl Schläge aus (normalerweise). Die besseren Uhrwerke sind “intelligent“ und egal wie man an der Uhrzeit herumdreht, spätestens zur übernächsten vollen Stunde muss die Schlaganzahl wieder passen.


    Willst du selbst nachschauen oder soll ich versuchen, Anleitung zu geben? Es scheint hier nur in der Mechanik etwas leicht verstellt zu sein. Es gibt einen Excenter auf der Stundenwelle, auf diesen fällt kurz vor der vollen Stunde eine Art Rechen (das hört man). Zur vollen Stunde kommt das Schlagwerk in Gang, transportiert den Rechen stufenweise hoch und läuft dabei ab. Ist der Rechen ganz oben, wird das Schlagwerk wieder blockiert und hält an.

    Je tiefer der Rechen fällt (Durchmesser des Excenters wird kleiner), desto länger läuft das Schlagwerk.


    Gruß

    Benjamin

    Fährt und schraubt gern *Simson S50B1* *Schwalbe KR51/1* *Trabant 601 LX '88* *Lada Niva 1700*

  • Da ich bei Uhren bisher nie was gemacht habe, was über aufziehen und stellen hinaus ging, bin ich erstmal sehr vorsichtig und würde mich über alle Hinweise/Anweisungen freuen. Ganz nebenbei bin ich natürlich auch scharf darauf, was zu lernen :)

    sapere aude! incipe! (Horaz)
    (bzw. frei nach F. v. Schiller: "Erdreiste Dich zu denken!")

  • Na dann, raus mit dem Uhrwerk. Pendel vorsichtig annehmen, Uhr von der Wand, Zeiger ab, Ziffernblatt ab und Uhrwerk raus. Oder erst Uhrwerk raus und dann Ziffernblatt ab, kommt darauf an, wie es aufgebaut ist. Uns interessiert auf jeden Fall die Seite unterm Ziffernblatt. Achtung, das Minutenrohr mit Ritzel könnte nur lose aufgeschoben und vom Ziffernblatt gehalten sein, ist aber meist mit Splint o.ä. gesichert.


    Hast du das freigelegt, wäre ein Foto von der sichtbaren Mechanik zur weiteren Erklärung gut.


    Gruß

    Benjamin

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  • Werd ich morgen mal probieren.

    Gibts beim Zeiger abnehmen was zu beachten, damit ich keinen Schaden mache?

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  • Anschauen, wie sie befestigt sind.

    Meist steckt der Minutenzeiger auf einem Vierkant und ist mit einer kleinen Rändelmutter von vorn verschraubt. Also erst die Mutter abschrauben, dann den Zeiger einfach abnehmen.

    Dahinter ist dann der Stundenzeiger nur aufgesteckt.

    Sekundenzeiger, sofern vorhanden, ebenfalls nur gesteckt.


    Die Positionen brauchst du dir nicht zu merken, wir werden das Uhrwerk ohnehin mehrmals durchkurbeln und wie die Zeiger dann gesetzt werden müssen, ist schnell herausgefunden.


    Aufpassen muss man auf die Pendelfeder, eine Art Blattfeder, welche das Pendel trägt. Die darf nur leicht verwunden werden, ansonsten bricht sie.


    Gruß

    Benjamin

    Fährt und schraubt gern *Simson S50B1* *Schwalbe KR51/1* *Trabant 601 LX '88* *Lada Niva 1700*

  • Gut so. Außergewöhnliche Zeiger-Befestigung!

    Sehe ich da viel verharzten Schmierstoff? Dann könnte das schon das Problem sein.


    Oben links sieht man den “Rechen“, in der Mitte den Schneckenhaus-förmigen Excenter auf der Stundenwelle.

    Wenn du den Hebel drückst, soll der Rechen auf die richtige Stufe des Excenters fallen (Minutenzeiger muss ca. auf der vollen Stunde stehen) . Dann wieder Zahn für Zahn nach oben gefördert werden durch das Rädchen mit den außermittig befestigten Stift oben links.

    Funktioniert das einwandfrei oder ist das durch evtl. verharztes Fett schon gehemmt?


    Gruß

    Benjamin

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  • Also, hab mir die Sache angesehen, so gut ich konnte.

    So wie ich das sehe, wird der Rechen ordentlich Zahn für Zahn zurück befördert, da gibt es wohl keine Komplikationen.

    Allerdings scheint der orange markierte Hebel ein Problem damit zu haben, ordentlich auf die richtige Position im Exzenter zu fallen. Konkret konnte ich beobachten, daß bei 11 Uhr der Hebel auch korrekt bis auf den Grund der 11-Uhr-Aussparung des Exzenters fällt. Bei 12 Uhr kamen sich aber irgendwie der Hebel und die 1-Uhr-Kante des Exzenters in die Quere. D.h. der Hebel konnte nicht bis unten durchfallen, weshalb der Rechen nur wenig transportiert wurde und nur 3 Schläge auslösen konnte.

    Naja jedenfalls scheint da irgendwie was nicht hinzuhauen.


    Was das Schmiermittel betrifft: japp, scheint verharzt zu sein. Hatte keine öligen Finger. Klebt zwar nicht, ist aber trocken.


    edit: Bild vergessen :grinser:

  • Ok.

    Der Minutenzeiger stand bei den Tests oben?

    Ggf. muss der Excenter um einen Zahn versetzt werden. Dann muss das Problem aber schon immer bestanden haben, oder den Hebel hat es irgendwie verbogen.


    Was das Schmiermittel betrifft:

    Konsequenterweise muss man jetzt sagen, Uhrwerk auseinandernehmen, reinigen, zusammensetzen und neu schmieren.


    Das wäre jetzt wie Pappen und Dach abnehmen. ;)

    Über kurz oder lang läuft dein Uhrwerk in diesem Status deutlich auf Verschleiß und dann werden größere Reparaturen anstehen, wie Räderzapfen polieren und neu ausbuchsen.



    Gruß

    Benjamin

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  • Hmm, das wäre eher wie alle Pappen und Dach ab, Motor, Getriebe, Bremsen und alles, was es gibt, bis ins Letzte zerlegen und das alles zum ersten Mal... :/

    Aber ich ahne schon, einfach Schmiermittel zuzufügen wäre vmtl. wie in einen 40 jährigen Trabant Elaskon reinzupumpen.


    Aber mal im Ernst: Uhrwerk zerlegen, ohne jegliche Ahnung, das wird doch nix...

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  • Hab den Exzenter mal um einen Zahn versetzt und was soll ich sagen? Jetzt stimmt alles ganz perfekt.

    Der Exzenter saß tatsächlich so unmöglich, daß der Stift des Hebels, der auf ihn fällt, manchmal genau eine Stufe getroffen hat und manchmal an dieser Stufe auch hängen geblieben ist.


    Eigentlich würde ich das Uhrwerk jetzt gern schmieren und erstmal so lassen, um mich autodidaktisch mit der Materie auseinander setzen zu können, denn spannend ist das definitiv.

    Meine Fragen daher:

    welcher Schmierstoff ist geeignet?

    und

    Kannst du Lektüre empfehlen zu dem Thema?

    sapere aude! incipe! (Horaz)
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  • Ich reinige sowas immer mit Bremsenreiniger und danach wird mit Ballistol Ustanol eingesprüht.

  • Erstmal Glückwunsch zur erfolgreichen Reparatur!


    Beim Thema Reinigen muss ich sagen, ohne das Werk zu zerlegen, ist alles, was man macht, mehr oder weniger Pfusch.

    Jeder Uhrenmacher macht bei dieser Aufgabe nichts anderes, als das Uhrwerk erstmal komplett zu zerlegen. Und der hat es dann auch in zwei Stunden maximal wieder zusammen.

    Das ist durchaus vergleichbar mit Pappen abnehmen, nur sehr viel einfacher ;)


    Das Uhrwerk im Zusammengebauten Zustand reinigen und schmieren ist wie den Trabi komplett zusammen zu lassen und die Hohlräume nach 30 Jahren so zu konservieren. Ist besser als nichts, aber keine wirklich ordentliche und langfristige Lösung.

    Beim Pappmann kann man aber zumindest noch bestimmen, bei welchem Wetter man ihn stehen lässt.


    Aber ich geb dir Recht, der Laie ist mit so einem Uhrwerk erstmal völlig überfordert. Man könnte natürlich einen Fachmann mit der Revision beauftragen.

    Jede Lagerstelle benötigt übrigens auch den richtigen Schmierstoff, das sind allermindestens zwei verschiedene Uhrenöle und ein Fett.


    Gruß

    Benjamin



    P.S. Eine mechanische Armbanduhr wird, wenn man es richtig macht, ca. alle 7 Jahre komplett zerlegt und gereinigt.


    Gruß

    Benjamin

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  • Ich füg das mal hier an, weil's ja im weitesten Sinne um ältere Uhren geht.

    Hab kürzlich für 1 ganzen € so einen 'kultigen' Ruhlawecker ersteigert, 3-eckig/abgerundetes Plastegehäuse in schickem Grün. Der wurde als Bastlerware angeboten, da angebl. defekt. Eigentl. ging es mir auch nur um die Aufziehkronen, da die bei unserem alten Wecker leider überdreht sind.

    Gestern kam das Teil also an: ausgepackt, aufgezogen, gestellt und: läuft! ?


    Ansonsten ist mir der Uhrenkram viel zu klein und zu fummlig. Im E-Fall haben wir hier aber einen rund 90-jährigen Uhrmachermeister, der rep. noch fast jeden alten Kram für'n schmalen Taler. Dessen Feinmotorik gibt das nach wie vor her...?

  • ohne das Werk zu zerlegen, ist alles, was man macht, mehr oder weniger Pfusch

    Das sieht aber auch jeder Uhrmacher anderst, bei kleinen Werken gehe Ich da mit, bei unserer Großen Normaluhr wurde das Uhrwerk definitiv nicht zerlegt, das Werk wurde mit Petroleum gereinigt und Punktuell mit einen blauen Öl geölt. Die Kuckucksuhr meiner Oma habe Ich mit Bremsenreiniger sauber gemacht und mit Ballistol eingesprüht, die läuft schon wieder 5 Jahre ohne Probleme. Das Ballistol hat mir übrigens auch ein Uhrmachermeister empfohlen, der in 3. Generation die Werkstatt betreibt.