Kurioses bei E*** Teil 2

  • Mir hat mal jemand ne Sonnenschute für umme vorbei gebracht...


    Aber hey, das ganze ging als Lehrgeld für Projekte und Fehlkäufe drauf...

  • Da hier offtopic-Bereich ist, noch mal was zu Hamsterei und Logistikstörungen: Lese gerade Schriften eines ehem. Arbeiter- und Bauerninspekteurs (ABI). Wird bissl länger aber wer Bock hat möge es lesen, ist nen schönes Beispiel, wie es zu dem Pardoxon "Überfluss im Mangel" kommen konnte. An einem Beispiel aus einem Großbetrieb. Stahlblech war damals bekanntlich eine besonders von Mangel betroffener Ware:

    Aus einem anlagenbauenden Großbetrieb der Elektroindustrie kam der Hinweis allzu sorglosen Umgangs mit Walzstahl bei der Produktion von Elektro-Schaltschränken [...]. Zugleich erging auf dem Leitungswege eine massive Beschwerde zu Lieferrückständen an den Lieferer, das Walzwerk. Der Lieferer aber rang die Hände ob des von Jahr zu Jahr überproportional steigenden Walzstahlbedarfs ebendieses Elektrobetriebs. ABI hilf!

    Was die planmethodische Seite der Materialbestellung betraft, schien alles in Ordnung zu sein, doch warum war der Materialeinsatzschlüssel gegenüber dem Vorjahr von 11899 auf 12150 kg Walzstahl pro Mio Mark industrieller Warenproduktion erhöht worden, wo doch eigentlich Senkungen angesagt waren? Und was waren das für Stahlblech-Pakete, die an mehreren Stellen des Betriebs verstreut im Freien lagerten und von denen angeblich niemand etwas wusste? Die Antwort war in diesem Fall leicht zu finden:

    Alles Material, das für einen bestimmten Verwendungszweck bestimmt war, wurde bei Wareneingang sofort in die Position "Unvollendete Erzeugnisse" (UE) gebucht. Dadurch belastete es nicht die (durch den Plan limitierte) Position "Materialbestände" und auch nicht das Gewissen des Direktors für Materialwirtschaft, aus dessen Gesichtskreis es schon zum Zeitpunkt der Anlieferung verschwand. [...] Diese Form der innerbetrieblicher Arbeitsteilung hatte zurfolge, dass der für die Beschaffung zuständige Bereich den wirklichen Bestand nicht kannte [...] Der Produktionsbereich wiederum hatte keine Übersicht über das unter seiner Verantwortung lagernde Material, er führte keine Lagerkartei für UE-Bestände. [...] Die Position der Materialbestände war nicht einmal so erschreckend hoch, sie machte durchweg weniger als 20% der Gesamtbestände aus [...]. Das Gros dagegen bildeten die UE-Bestände, deren Höhe sich in der Größenordnung der Jahresproduktion bewegten (Jahresproduktion: 1,7 Mrd. Mark, UE-Bestand im Betrieb: 1,2 Mrd. Mark (!!!)). Das Problem beginnt dort, wo der Mangel zum Überfluss führt. (Autor: Hartmut Mummert)


    Zur Rechenschaft gezogen oder bestraft wurde übigens niemand, denn formal hatte niemand gegen irgendwelche Planvorgaben verstoßen. 8o Der ABI hatte immerhin die Chance, eine Option zur Senkung des Materialbedarfs im Betrieb aufzuzeigen. Das wars. Bei flexiblen Preisen, hätte sich der Betrieb so viel lagerndes Material gar nicht leisten können. Und wieviel davon auf Umwege abgezweigt wurde, wovon auch der ABI nichts mitbekam, will man gar nicht wissen. Allerdings: wenn man sich BER oder Stuttgart21 anschaut, relativiert sich die Einzigartigkeit des DDR-Wirtschaftsversagens doch ein wenig. Habe gelesen, das brachliegende BER-Gelände nutzt VW jetzt zum Abstellen tausender Neuwagen unter freiem Himmel, die mangels abgaskonformer Zulassung nicht in den Verkauf kommen können :D http://www.manager-magazin.de/…l-autos-an-a-1215235.html

    2 Mal editiert, zuletzt von mulchhüpfer ()

  • wenn man sich BER oder Stuttgart21 anschaut, relativiert sich die Einzigartigkeit des DDR-Wirtschaftsversagens doch ein wenig

    Erstens das. Und zweitens sollte man bei Begrifflichkeiten wie Wirtschaftsversagen, Staatspleite usw. usf. auch immer mal Zahlen bemühen. Zahlen der DDR-Verschuldung und Zahlen der BRD-Verschuldung. Dann relativiert sich gleich noch viel mehr. Und auch die Rahmenbedingungen, unter denen Wirtschaft und Handel funktionieren mußten oder eben von innen oder außen eingeschränkt wurden, müßte man berücksichtigen, wollte man ernsthaft die Leistungsfähigkeit der Wirtschaftsformen vergleichen. Will man ja aber meistens gar nicht ;)

    Daß natürlich trotzdem einiges im Argen lag, was Instandhaltung, Investition und Versorgung betraf, bleibt trotzdem unbestritten.



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    Einmal editiert, zuletzt von Gunnar ()

  • Für die schon recht gebraucht aussehende KW 350€.? Da müsste ich doch ganz schön bekloppt sein wenn ich die nehmen würde.

  • Zahlen der DDR- Verschuldung müssen aber auch in Bezug zur Wirtschaftsleistung gesetzt werden. Da empfehle ich als Lektüre Klaus-Dietmar Henke (Hg.), Revolution und Vereinigung 1989/90, dort das Kapitel "Außenwirtschaft in der Schuldenfalle". Ende 1989 mußte die DDR allein für die Zinsen 62% ihrer Exporteinnahmen in konvertiblen Devisen aufwenden. Daß das nicht mehr lange gut gehen konnte, ist klar. Oder einfacher gesagt: Ein Hartz-IV-Empfänger, der 5.000 EUR Schulden hat, ist hoffnungslos überschuldet, ein Durchschnittsverdiener kann locker mit einer Verschuldung von 50.000 EUR leben.

  • Zahlen der DDR- Verschuldung müssen aber auch in Bezug zur Wirtschaftsleistung gesetzt werden. (...)

    Oder einfacher gesagt: Ein Hartz-IV-Empfänger, der 5.000 EUR Schulden hat, ist hoffnungslos überschuldet, ein Durchschnittsverdiener kann locker mit einer Verschuldung von 50.000 EUR leben.

    Anderes Beispiel auf Weltniveau: Kurz nach das Erbeben in Haïti las ich das der haitianische Schuld pro Kopf $175,- war, gegen $20.000 pro Kopf in der USA. Dennoch bekam und bekommt ein Amerikaner leichter Geld geborgt.

  • Jetzt Mal ohne Zahlen einfach aus der Erinnerung.

    Meine Mutter hat in der Wirtschaftskontrolle gearbeitet....sie sagte schon ein paar Jahre vor der Wende das wir pleite sind.

    Sie hat Mal was öffentlich gemacht was eigentlich von der WK nicht aufgedeckt werden durfte...danach hatte sie einen neuen Job in einem unwichtigen Betrieb.

  • So "pleite" , wie heute allgemein suggeriert wird, war die untergegangene Rep. dann aber wohl doch nicht. Sowohl der berühmt-berüchtigte Mrd.-kredit wurde voll zurückgezahlt, als auch alle anderen Verbindlichkeiten bis zum Ende voll bedient - und das trotz Um- und Zusammenbruch wohlgemerkt.

  • Vielleicht nicht "Pleite" im Bezug auf Verbindlichkeiten, aber dennoch auf so ziemlich jedem wirtschaftlichen inländischem Gebiet am "Ende" mit bekannten Folgen.

  • Die Verbindlichkeiten mussten einfach bedient werden, egal wie. Schließlich wollte man ja auch in Zukunft noch Kredite bekommen.

    Der Staat war 1989 blank und die Volkswirtschaft bis auf wenige Ausnahmen auf Verschleiß gefahren, da beisst die Maus keinen Faden ab.

  • Keine Frage - aber die Definition "pleite" passt eben m.E. nur auf jemanden oder etwas, der NICHT mehr zahlungsfähig ist. Und ich gehe (fast) jede Wette ein, daß die Deutsche Demokratische noch etliche Jahre (womöglich gar Jahrzehnte??) lang irgendwie weitergewurschtelt hätte, wenn die Wende nicht "dazwischen gekommen" und wenn nicht der ganze Ostblock bei der Gelegenheit zus.gebrochen wäre (den Russen hat nicht zuletzt Tschernobyl das Genick gebrochen - bei der Wirtschaftsleistung der DDR wird wiederum gerne vergessen, welche Unsummen davon in Militär/Grenzregime und Stasi abgeflossen sind).

    Ob dieses ´Weiterwurschteln´ für die Einwohner sonderlich erfreulich geworden wäre, steht dabei auf einem ganz anderen Blatt.

    Aber: hätte, hätte, Fahrradkette...;)


    P.S.: Kuba ist irgendwie auch noch da - mal sehen, wohin die Reise dort gehen wird. Ich fürchte, da werden am Ende deutlich mehr Verlierer übrig bleiben, als es hierzulande der Fall war.

  • Alleine der Zustand der Infrastruktur hätte keine Jahrzehnte mehr zugelassen, Bahn, Brücken, Energiegewinnung, alles kurz vor dem Kollaps.

    Die Umweltbelastung der Menschen im Chemiedreieck wo die Devisen erwirtschaftet wurden und bei den Braunkohlekraftwerken war unmenschlich, und zu allem die verblödeten roten Parolen. Alles wessen man habhaft werden konnte wurde in den Westen verscherbelt um wieder etwas Aufschub zu erhalten.

    Ich möchte die Zeit nie mehr erleben...

  • Ich gehe (ohne fast) jede Wette ein, dass die DDR die Jahrtausendwende nicht überlebt hätte!

  • Und genau das ist eine unzulässige Verknüpfung. Nur weil ich den Trabi mag, muss ich nicht automatisch ein Anhänger des politischen Systems sein in dem er entstand. Ein Horch-Besitzer ist ja auch nicht gleich ein Nazi, nur weil sein Wagen 1936 gebaut wurde.

  • Ein Horch konnte sich aber frei nach den damaligen Technischen Möglichkeiten entwickeln, der Trabi ist aber durch das politische System zurechtgestutztes Produkt.