89er Limo retten

  • Hallo,
    wir haben uns ein recht großes Projekt ans Bein gebunden. Wir haben bei Ebay 2 Limos für 200€ gekauft und wollen einen wieder auf die Straße bringen. Es handelt sich um eine 83er Champagnebeige Limosine und eine Sonderwunschlimo aus dem Jahre 5/89. Der 89er hat sich schließlich als besser geeignet herausgestellt, da sich die Blecharbeiten trotz fehlender Hohlraumkonservierung in Grenzen halten. Lediglich die Einstiegsleisten und der Kofferraum (vorallem die Reserveradmulde) müssen geschweißt werden. Alle Radkästen, Schweller, Geweih, usw. sind erstaunlich rostfrei. Leider hat der Wagen seit Frühjahr draußen gestanden und das leider ohne Seitenscheiben auf der Fahrerseite. Folglich stand Wasser drin und der Fußraum ist ganz schön angefressen (aber nur oberflächlich).







    Nun hatten wir angefangen, den blauen Wagen erstmal zu waschen und anschließend zu begutachten und erstmal zu zerlegen.
    Glücklicher Weise stellte sich der Fahrerfußraum besser raus, als gedacht. Das meiste braune Zeug ist einfach nur alte Zeitung, der Lack ist noch großflächig vorhanden und es gibt keine Durchrostung.





    Heute haben wir dann den kompletten Motorraum leer gemacht und bauen auch Fahrwerksmäßig wieder alles auf.





    Ich werde berichten.
    Gruß
    Matti

  • Da habt ihr euch ja schön was vorgenommen. Meinen letzten 89er habe ich geschlachtet, weil der ebenso wg. mangelnder Hohlraumversiegelung nicht mehr zu retten war. Mein gletscherblauer aus 89, den ich inzwischen verkauft habe, sah innen unwesentlich besser aus als Euer Exemplar. Die 89er scheinen ein bescheidener Jahrgang gewesen zu sein, was Hohlraumversiegelung angeht.

  • Hohlraumversiegelung ab Werk gab es überhaupt nie. Das lag immer in der Verantwortung des Käufers - viele haben es machen lassen, viele auch nicht.
    Und wie es gemacht wurde, lag an den jeweiligen Konservierungsbetrieben. Ich erlebe oft, daß zwar die Autos voller Elaskon kleben, aber die wichtigen Stellen gar nicht erreicht wurden. Schönes Beispiel: der untere Bereich der A-Säule hinterm Vorderkotflügel. Der ist bei DDR-Konservierungen extrem häufig gar nicht erreicht worden - vermutlich weil die Sonden nicht lang genug waren und weil viele keine Löcher vom Innenraum gebohrt haben.
    Ich jauche dort immer minutenlang Fett mit der langen Sonde hinein, damit eine richtige Schichtstärke erreicht wird.


    Das Problem der späten Jahrgänge ist der Polybutadien-Tauchgrund in Verbindung mit schlechter Arbeitsmoral und Pfusch im Werk. Spätestens als im Sommer 1989 Tausende aus der DDR abgehauen sind und die Leute die Schnauze einfach nur noch voll hatten bzw. keine Zukunft mehr sahen, ging das los. Aufgestaut war ja genug in den Arbeitern.


    Beim 1.1er hat man als "Versiegelung" eine Bitumen-Bleimennige-Mischung in die Schweller gespritzt und damit alles noch viel schlimmer gemacht. Der Gilb gammelt und das Bitumenzeug liegt in Brocken im Schweller.


    Zu dem Auto hier kann ich nur sagen: laßt das Gerippe strahlen und beurteilt es anschließend nochmal - ich wette, daß es Löcher gibt.

  • Deluxe: Da ist sie wieder, die Unwissenheit meinerseits. Ich dachte, das die Fahrzeuge ab Werk zumindest grundkonserviert waren und anschließend bei Bedarf nachgebessert wurde. Wie lief das nach Auslieferung, gab es dort eine Empfehlung zur Hohlraumversiegelung?


    Von wo aus bohrst Du die Löcher zum unteren A- Säulenbereich - vom Innenraum aus?

  • Ich dachte, das die Fahrzeuge ab Werk zumindest grundkonserviert waren


    Da liegst Du falsch - die Autos waren ab Werk nicht hohlraumkonserviert - nicht ansatzweise. Die Hohlräume waren nackt und trocken wie die Sahara...oder klatschnaß vom Regenwasser, je nachdem. ;)
    Die Gerippe wurden tauchgrundiert, beplankt, lackiert und dann das Auto montiert.
    In Hohlräumen und hinter den Pappen ist ab Werk nur die nackte Grundierung. Nicht ohne Grund lackiert man bei Restaurierungen heute das Stahlgerippe, bevor man die Kotflügel usw. montiert, damit das Problem wenigstens hinter den Pappen gelöst ist. Wegfaulende Viertelschalen lassen sich so in Verbindung mit richtiger Abdichtung zum Radhaus (die gab es ab Werk auch nicht) schonmal vermeiden. Schau mal in die Kaufberatung - da hab ich das mit Fotos illustriert.
    Hier sieht man (vo oben nach unten) die Reichweite des alten Konservierungsmittels von oben bis zum Kleber, dann den schmalen Streifen mit dem 2K-Kleber und danach die nackte Radschale von unten. Und dort war weder Kleber noch Abdichtmittel, sondern der Kotflügel liegt auf dem grundierten Blech auf, dazwischen dringen Wasser und Dreck ungehindert ein. Deshalb faulen beim Trabant die Radschalen weg.


    In den Hohlräumen kann man nichts weiter tun als richtig und dauerhaft zu konservieren - was nach aktuellem technischen Stand am wirkungsvollsten und dauerhaftesten mit Korrosionsschutzfetten gelingt. Es gibt aktuell nichts Besseres - aber viel Schlechteres, wie die Langzeittests von fast 30 Hohlraumschutzmitteln bei www.oldtimer-markt.de belegen. Hier der Direktloink zum kostenlosen Download von allen drei Teilen des Tests: Rostschutztest


    Wie lief das nach Auslieferung, gab es dort eine Empfehlung zur Hohlraumversiegelung?


    Nö. Die Köufer wußten was zu tun ist, haben ihre Neuwagen nach dem Kauf erstmal zerlegt und zur Hohlraumkonservierung gebracht, die so durchgeführt wurde wie oben beschrieben: oft genug mehr als mangelhaft.


    Von wo aus bohrst Du die Löcher zum unteren A- Säulenbereich


    Ich bohre dort gar keine Löcher, sondern nehme eine ausreichend lange Hohlraumsonde und erledige das von vorn durch den Scheinwerferausschnitt. Hab ich ja oben schon geschrieben: an der Stelle halte ich die Sonde sehr lange still und blase richtig üppig Material hinein, damit das flüssige Fett am Fuß der A-Säule eine richtig dicke Schicht bildet. Von unten erreicht man die gleiche Stelle vom Schweller aus, sodaß das Blech beidseitig mit Fett beschichtet ist und so langfristig nicht wieder gammelt - ohne Wiederholungsbehandlung wohlgemerkt, die bei lösemittelasierten Mitteln aller paar Jahre nötig ist (so auch beim Elaskon!), aber aus Unwissenheit, Faulheit, Terminknappheit usw. meist nicht erfolgt(e) - auch früher nicht.


    Zur Illustration - es geht um diese Stelle:

  • @Deluxe :


    Vielen Dank für die ausführliche Beschreibung. Dies erklärt auch die bei meinem panamagrünen 89er komplett fehlende Hohlraumversiegelung. Dieser Wagen war insbesondere hinter den Pappen und am Unterbodenbereich eigentlich überall bis in die letzte Ritze verrostet.

  • Ich wünsche viel Spaß bei dem Projekt.
    Mal wieder ein später Jahrgang. Find ich toll.

    Neapel sehen und sterben-Tour 2012
    Ich war dabei!


    50 Jahre Trabant 601
    Die Jubiläumstour 2014
    Ich war auch dabei!
    :raser:

  • Naja dann mal willkommen im Clup. :)

  • Ich hab vielleicht etwas gelogen... Der Wagen wurde Hohlraumkonserviert, die Frage ist nur WIE.

  • Die pappen wurden gut konserviert ;). Trotz alle rostprobleme beim Trabant ist der Trabant im algemeinen noch nicht so schlecht. Wieviele Fiat Panda oder Opel Kadett gibt es noch im guten zustand? Die schlechte konservierung war nicht nur ein Ost sondern auch ein West problem damals. Hier wurde auch konserviert und trotzdem faulten viele auto's nach ein par Jahre durch. Der gilb ist bei manchen modernen auto's heutzutage auch noch nicht weg, habe schon 10 Jahre alte Mercedes mit erheblichen rost gesehen...

  • Und weiter gehts: Heute musste der Champangner dran glauben 8)
    Die Innenausstattung ist noch sehr sehr gut erhalten und wird in den 89er gepflanzt. Auch die grauen Teppiche und die graue Ablage wandern wohl in den 89er.
    Falls noch jemand etwas braucht (Getriebe mit Scharniergelenkwellen, Antriebe, Federn, Stoßdämpfer, Lenkrad, Bilux-Scheinwerfer, Pappen) kann er gerne nach Bernau kommen und sich die Teile abbauen.

  • habt ihr die Autos schon ins Trabant-Register eingetragen? Bitte nicht vergessen :thumbup:

    je mehr man weiß, desto weniger weiß man nicht!

  • Kannste dir gerne abholen. Da ist leider nicht viel zu retten. Das Bodenblech ist noch gut und wird wohl noch ins Lager gehen, ansonsten ist der leider ein Fall für den Stahlschrott.

  • Würde ich gern machen, das Getriebe passt nur nicht zu meinen beiden.


    Da müssen mir doch Teile einfallen die ich noch nutzen könnte, bevor es verschrottet wird, wohne ja nicht weit weg. ?(