Ich und "meine DDR"

  • Mossi, ich mag ja kluge Metaphern auch und du hast ja auch nicht Unrecht. Aber bei all den schönen Worten die hier stehen, verrecken da unterm Strich ganz einfach Menschen, die im Wesendlichen das Pech hatten in einem Land gebohren worden zu sein, wo es eben nicht so schön ist wie bei uns. Woran erinnert mich das blos? Ich bleibe dabei: Diese Grenztoten zuzulassen ist genauso widerlich, wie Menschen beim Grenzübertritt direkt zu erschießen. Es läuft nämlich unterm Strich auf das Gleiche hinaus. Ich lege sogar noch einen drauf: Die Zahl der Grenztoten im Mittelmeer übersteigt die Zahl der Mauertoten bereits um etliche Größenordnungen. Wenn man also den Schießbefehl an der Deutsch-Deutschen Grenze verurteilt - und das tue ich, dann drängt sich bei objektiver Betrachtung unweigerlich eine logische Konsequenz für die heutige Lage an den europäischen Grenzen auf. So geht es mir zumindest.


    Ich denke übrigens auch, dass hier gerade gegen die Forenregeln verstößen wird. Aber in diesem Thema sollen die Erfahrungen der User in der DDR betrachtet werden und diese Betrachtung gehört auch ganz unbedingt in ein Trabiforum. Dabei kam auf, dass die Vergangenheit von manchen teilweise unsachlich verfärbt wird. Wie ich finde, wurde das völlig zu Recht angekreidet. Um diese verfärbten Darstellungen zu überwinden, kann es durchaus seinen Reiz haben, historische Fakten mit der eigenen, aktuellen Situation zu vergleichen. So kann man besser verstehen, besser bewerten und besser einordnen. Das aktuelle Weltgeschehen ist einem ja doch irgendwie präsenter als die Vergangenheit. Wenn man nun richtig Glück hat, kann man dadurch vielleicht sogar aus der Geschichte lernen.


    Also vielleicht kann man hier ja noch mal ein Auge zudrücken und diese illegale Diskussion stehen lassen. Bisher ist es ja friedlich abgelaufen.


    Gruß, Felix

  • Die Argumentation hinsichtlich der im Mittelmeer Ertrinkenden verstehe ich doch - aber was leider fehlt, ist die klare Ansage was denn die Lösung dafür wäre, Deiner Meinung nach.

    Es gibt mehrere Möglichkeiten - davon sind einige realistisch und andere eher unrealistisch:

    Seeblockade der afrikanischen Küste, damit keine Maus mehr durchkommt und die Boote gar nicht erst starten.

    Massives Aufgebot von Rettungskräften, die versuchen, sämtliche Boote abzufangen und die Leute aufzunehmen.

    Aufgenommene Leute sofort zurück an die nächstgelegene afrikanische Küste, um deren Einwanderung nach Europa zu verhindern.

    Aufgenommene Leute sofort an die nächstgelegene europäische Küste, um deren Einwanderung zu erleichtern.


    Was ist Deine bevorzugte Version?

    Dem Heer, der uns überrennenden pösen, pösen, schrumpfkopfbastelnden schwarzen Männer?

    Den Milliarden und Abermilliarden halsabschneidenden, vergewaltigenden und kindermordenden Extremmuslimisten?

    Ich fürchte, daß Realitätsverweigerung und Ausblendung von zunehmend wachsenden Tatsachen nicht zur Problemlösung führen wird.

    Mal davon abgesehen, daß es ja sowohl auf EU- als auch auf Nationalstaatsebene geltende Gesetze gibt, die aber aktuell kaum jemanden interessieren.


    Wobei jetzt die Frage im Raum steht, was das alles noch mit dem Thema "Ich und meine DDR" zu tun hat.

  • Nun ja - zynisch betrachtet ließe sich eine gewisse "Kompetenz" zum Thema Abriegelung größerer Landstriche nicht von der Hand weisen....

  • So gesehen natürlich richtig...


    Gut, wenn es nun schon Thema ist:
    Die DDR hat zwei Dinge bewiesen:

    1. daß man eine Grenze sehr wohl baulich so sichern kann, daß illegaler Grenzübertritt auf ein absolutes Minimum reduzierbar ist

    2. daß sämtliche baulichen Maßnahmen nichts nützen, solange es keinen Schußwaffengebrauch gibt


    Und in dem Dilemma steckt Europa jetzt.

    10m hohe Zäune mit oben aufgebautem Stacheldrahtverhau hindern niemanden daran, illegal über diese Grenzen zu klettern. Solange man da einfach nur drübersteigen muß, kann man den Zaun auch weglassen.

    Gleichzeitig kann aber kein vernünftiger Mensch einen Schießbefehl wollen.

    Was also ist zu tun? Ich weiß es nicht.


    Ich weiß nur, daß ein generelles "Tore auf" unweigerlich in den gesellschaftlichen und sozialen Abgrund führen wird - insbesondere wenn man bereit ist, mal nicht nur die nächsten 10 Jahre oder das eigene Leben zu betrachten, sondern sich mal die nüchternen Zahlen auf die nächsten 100-200 Jahre hochzurechnen.

  • Moin,


    zunächst einmal freue ich mich, dass die Diskussion hier sachliche geführt wird. Das schaffen inzwischen die wenigsten. :)


    Ja, ganz klar, wenn ich Lösungen für alle Probleme hätte, würde ich hier nicht nur im Pappenforum schreiben. Auf jeden Fall ist es aber so, dass keineswegs Menschen im Meer ertrinken müssen. Es muss auch niemand im Winter erfrieren oder auf dem Weg hier her verhungern. Wir hätten die Möglichkeiten diese Menschen davor zu bewahren - auf welche Weise auch immer. Diese Menschen wählen gefährliche Routen und riskieren ihr Leben, weil wir Europäer es ihnen inzwischen maximal schwer machen. Und diese Menschen sind eben nicht nur alles junge männliche Abenteurer die den großen Wohlstand suchen, sondern auch Frauen, Kinder, politisch Verfolgte usw., die die Entscheidung zur Flucht nicht unbedingt aus freien Stücken getroffen haben. Das eine oder andere Schicksal im Ausland wurzelt zudem auch darin, dass die westliche Welt nicht immer ganz fair mit der restlichen Welt umgeht. Wenn man das alles betrachtet, finde ich schlicht, dass wir uns nicht genug Mühe geben dieses Elend zu lindern.


    Es gibt sehr viele Möglichkeiten die uns Europäern nicht wehtun würden. Wir haben in auf unserem Kontinent hochbezahlte Menschen, die sich den ganzen Tag mit diesen Problemen beschäftigen. Es kann mir doch niemand ernsthaft erzählen, dass deren beste Lösungsidee ist, die Menschen einfach verrecken zu lassen? Das akzeptiere ich nicht. Wir sind im Vergleich ein abartig reicher Kontinent. Wir könnten helfen, wenn wir wollten.


    Aber werden wir gern konkret: Das Mindeste was wir tun können, ist es bereits gerettete Menschen auf Seenotrettungsbooten in einen Hafen einlaufen zu lassen und dann sicher zurückschicken. Selbst das wird ja inzwischen teilweise verweigert. Das ist doch nicht menschlich! Ich könnte heulen, wenn ich darüber nachdenke.


    Ich persönlich bin sogar der Meinung, dass Grenzen eine dumme Idee sind. Jeder Mensch sollte frei wählen können wo er leben möchte. Ich persönlich verstehe einfach nicht, was uns das Recht gibt, andere Menschen daran zu hindern hier her zu kommen. Wir sind hier auch nur zufällig gebohren worden. Die Menschen die sich heute gern abschotten würden, haben doch Europa nicht aufgebaut und zu dem schönen Kontinent gemacht, der er heute ist.


    Wenn hier in Europa zum Beispiel ein Krieg ausbrechen würde, wäre ich einer der ersten der abhaut und woanders Zuflucht sucht. Ich will schlicht keinen Krieg oder echten Hunger oder Vergleichbares miterleben. Und natürlich suche ich mir dann nicht ein Land aus, in dem das Elend noch größer ist. In diesem Zusammenhang ist es aber sehr interessant sich anzuschauen, welche Länder tatsächlich die meisten Flüchtlinge aufnehmen. Das waren 2017 in absteigender Reihenfolge: Türkei, Pakistan, Uganda, Libanon, Iran - erst dann kommt Deutschland. Die ersten 5-genannten sind teils bitterarme Länder. Was die schaffen, müssen wir doch auch können.


    Ich selbst bin in der DDR gebohren. Ich lebe und arbeite inzwischen im "Westen". Hier habe ich einen sicheren und tollen Job. In meiner Heimatstadt sind dafür keine guten Voraussetzungen. Ich sehe die Auswirkungen in der Verwandschaft. Das will ich so für mich nicht haben. Ich bin sehr froh, dass ich die Option hatte mir einfach auszusuchen, wo ich leben will. In gewisser Weise bin ich also auch ein Wirtschaftsflüchtling und ich bin dabei nur vor vergleichsweise harmlosen Elend geflüchtet. Hätte man mir das auch lieber verwehren sollen?


    Gruß, Felix


    Edit:

    Ich weiß nur, daß ein generelles "Tore auf" unweigerlich in den gesellschaftlichen und sozialen Abgrund führen wird - insbesondere wenn man bereit ist, mal nicht nur die nächsten 10 Jahre oder das eigene Leben zu betrachten, sondern sich mal die nüchternen Zahlen auf die nächsten 100-200 Jahre hochzurechnen.

    Wie machst du das mit der Hellseherei? Ich halte sehr viele andere Zukunftsszenarien für möglich. Wir haben zum Beispiel in Europa und insbesondere in Deutschland einen demografischen Wandel. Wenn wir die Grenzen dicht halten, könnte ich mir vorstellen, dass die Jungen Europäer bald nicht mehr genug für eine anständige Absicherung der alten Generation erwirtschaften können. Wir haben schon jetzt einen riesigen Pflegenotstand. Es fehlen zudem massenhaft Auszubildende. Macht dir das nicht genauso Sorgen? Siehst du da keinen Weg, wie aus diesen beiden Problemen eine gute Lösung für alle werden könnte? Vielleicht bin ich blauäugig, aber ich denke das sind Dinge die wir schaffen können, wenn wir nur wollten und mit Mut in die Zukunft sehen würden.

  • Der Vergleich hinkt grandios.

    Du bist innerhalb Deiner Nation und Deines Kulturkreises vom hohen Niveau auf noch höheres Niveau gewechselt. Das hat nichts mit Flucht zu tun. Das ist bestenfalls Optimierung.


    Jeder Mensch sollte frei wählen können wo er leben möchte.

    Es gibt 1,4 Milliarden Afrikaner.

    Schau Dir bitte mal die Größe Afrikas und die Größe Europas an und überlege kurz, wo dort ggf. das Problem liegt. Die Krisengebiete des Nahen Ostens und die restliche dritte Welt mit ihren Milliarden in Armut lebenden Menschen ist da noch nicht eingerechnet.

    Das meinte ich mit physikalischen Grenzen.

    Und dann ist das heutige Wohlstands-Europa auch nicht vom Himmel gefallen, sondern von Leuten erarbeitet worden, die jeden Tag ihr Schärflein dazu beitragen. Auch heute noch. Auch die jungen Menschen.


    Das jeder leben können sollte wo er will, ist nichts als ein Ideal, das aber einfach nicht realistisch ist. Es nützt niemandem etwas, wenn die wirtschaftlich erfolgreichen Teile der Welt durch zügellose Masseneinwanderung sozial immer weiter nach unten gezogen werden. Das bringt auch denen nichts, die deren Hilfe benötigen.


    dass die westliche Welt nicht immer ganz fair mit der restlichen Welt umgeht.

    Das ist leider so - und liegt zu großen Teilen an der ungezügelten kapitalistischen Wirtschaftsform, die den Globus umspannt. Es wäre aber möglich, diese Probleme zu lösen.


    Es kann keine Option sein, eine Völkerwanderung zu erzeugen, die einen Sturm der dritten Welt auf Europa auslöst.


    Übrigens - bei dem Thema sehr interessant: Das alles hat und hatte immer auch etwas mit Klima zu tun - und dieses Klima entwickelt sich, wie der aktuelle Sommer zeigt, auch auf der Norhalbkugel und auch in Europa nicht unbedingt wohlstandsichernd:


    https://www.zdf.de/dokumentati…is-zum-alten-rom-100.html


    https://www.zdf.de/dokumentati…cht-geschichte-2-108.html

  • Tja, ich bewerte diese Dinge eben komplett anders. Mehr als es hier nochmals darlegen kann ich nicht.


    Abgesehen davon finde ich es nach wie vor eine unverfrohrene Übertreibung die Sache so darzustellen, als ob da ein ganzer Kontinent mit 1,4 Milliarden Menschen plötzlich nach Europa will. Die Fakten sehen schlicht anders aus. Die Zahlen kannst du überall nachlesen. Ich fasse es mal kurz zusammen: 2017 waren 68,5 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht. 85% dieser Menschen wollen gar nicht nach Europa, sondern zumeist nur ins Nachbarland - einem ähnlichen Kulturkreis. Wir reden also nicht von 1,4 Milliarden Menschen sondern für 2017 zunächst einmal von rund 10 Millionen Menschen die nach Europa fliehen wollten. Ja, auch 10 Millionen sind kein Pappenstiel. Aber setzen wir das mal in eine geeignete Relation:

    In Europa sind 2016 mehr Menschen gestorben als gebohren worden. Ohne Zuzug hätten wir also einen Bevölerungsrückgang. Zum 1. Januar 2017 wurde die Bevölkerung der EU-28 auf 511,8 Millionen geschätzt und damit auf 1,5 Millionen mehr als im Jahr zuvor. (Quelle: http://ec.europa.eu/eurostat/s…tion_change_statistics/de ). Diese Zahl beinhaltet wohlgemerkt die aufgenommenen Flüchtlinge. In den 60er Jahren war der Zuwachs noch 3,3 Millionen pro Jahr. Guck dir die Grafiken auf der Seite an: Der Bevölkerungszuwachs stagniert zunehmend in Europa - selbst mit Flüchtlingen. Zu Beginn von 2017 lebten in der EU knapp 0,3% mehr Menschen als 2016. Auf alle 300 Einwohner, kommt also gerademal ein neuer. Ich wiederhole mich: Vielleicht bin ich blauäugig, aber ich sehe das Problem nicht.


    Gruß, Felix


    Edit:


    Der Vergleich hinkt grandios.

    Du bist innerhalb Deiner Nation und Deines Kulturkreises vom hohen Niveau auf noch höheres Niveau gewechselt. Das hat nichts mit Flucht zu tun. Das ist bestenfalls Optimierung.

    Darauf würde ich gern noch eingehen. Genau diese Aussage scheint Ansichtssache zu sein. Ich habe vor 10 Jahren noch in Bayern gewohnt und musste mir da tatsächlich einmal die Beschimpfung anhören, dass ich blöder Ossi doch mal bitte wieder dahingehen soll, wo ich hergekommen bin. Ich würde in Bayern nur Arbeitsplätze wegnehmen. Tatsächlich habe ich durch mein Studium in München Arbeitsplätze vor Ort geschaffen und in München war die Arbeitslosigkeit damals zudem wirklich nicht hoch.


    Auf der anderen Seite liegt man wohl auch ziemlich oft reichlich falsch, wenn man der Meinung ist, dass die die sich die Flucht nach Europa leisten können alles ungebildete und kulturlose sind.

  • Etwas blauäugig ist die letzte Berechnung zumindest insofern, weil sie "EU" über einen Kamm schert und völlig die extrem ungleichmässige Verteilung ignoriert.

    I, D und F z.B. haben einen deutl. größeren Anteil aufgenommen, als die anderen Länder - und schon sieht es hier ganz anders aus...

    Unterm Strich sind das m.E. aber eh alles fragwürdige Berechnungen, auch und gerade die betreffs des Arbeits- und Fachkräftemangels und die des demografischen Wandels.

    Dieser taugt m.E. nur bedingt als Argument - für ungesteuerte Einwanderung schon gar nicht.

    Aktuelle Engpässe auf dem Arbeitsmarkt- und FACHkräftemarkt werden so nicht behoben (und so wohl auch nicht mehr allzulange bleiben).

    Sie lassen m.E. auch keinerlei Rückschlüsse auf den mittel- (geschweige denn lang-) fristigen, AK-Bedarf zu. Der wird - Stichwort Digitalisierung- vmtl. wohl eher sinken, womöglich sogar rapide.

    Insofern halte ich die Tendenz der rückläufigen Bevölkerungszahlen in den modernen Industriestaaten irgendwo für eigentl. sogar folgerichtig. In Anbetracht der klima- und ernährungsmässigen Entwicklungen sogar für eigentlich weltweit angebracht. - Wohin wollen wir allesamt eigentlich noch wachsen? Wie viele Mrd. soll (und kann) unser Planet wohl noch zusätzlich ernähren/verkraften, ohne dabei zu kollabieren ??


    Fakt ist: wir können nie und nimmer alle aufnehmen, die genau hier her wollen. Sowas ist völlig illusorisch und das könnte auch das (hier mehr, da minder) reiche (in dieser Frage schon jetzt heillos zerstrittene) Europa auf Dauer gar nicht verkraften. Unser Land alleine schon gar nicht...


    Eine Lösung? Habe ich auch nicht...?

    Ich denke, dass Asyl bekommen muss, wem Asyl wirklich zusteht (also dem m.E. deutlichst geringeren Teil der Antragssteller).

    Einwanderung ist eigentlich ein völlig anderes Thema - hier bedarf es (längst!) einer kpl. Neuordnung, z.B. durch ein Einwanderungsgesetz, welches ebenso klar die Rechte, wie auch die Pflichten (!) potentieller Neubürger regelt. Also so, wie es international in den sogen. Einwanderungsländern zumeist längst üblich ist.

    Einmal editiert, zuletzt von fahrgast () aus folgendem Grund: - vertippt -

  • Die Frage ist zur Zielerkennung immer recht nützlich: Wem nützt es?


    Und warum wollen viele gerade hierher - in die BRD? Sind wir sicherer als der Rest der EU? Ist bei uns das Wetter besser? Wie oft ist der familiäre Bezug relevant? Ist die Integration (immer wieder schön zu beobachten) bei uns besser gelöst als woanders?

    Ist der "Fachkräftemangel" ohne weiteres über diesen Weg (Sprache, Qualifikation, kulturelle Spezialitäten) zu realisieren? Entspricht dies dem Wunsch der meisten in einer Demokratie?


    Was kann / darf Humanismus / Ideologie in einer Welt, die gewinnorientiert ausgerichtet kosten? Und wie weit kann und will man sich das volkswirtschaftlich leisten? Und was ist, wenn eben jene, die es leisten sich dem verschließen würden? Was wäre dann? Anarchie?


    Wie schon oben gefragt, welche Rechte und Pflichten hat ein jeder der Mitglied der Gemeinschaft sein möchte - und was passiert bei Regelverstößen?


    Misst man alle nach einem Maßstab? Oder muss man bspw. kulturell differenzieren? Gelten die Pflichten von hier auch woanders - oder umgekehrt?


    Manchmal werde ich nach vielen Jahren der Beobachtung zu allen Seiten das Gefühl nicht los, das egal in welcher Situation des täglichen Lebens die runden Hölzchen der (jedweder) Ideologie durch die eckigen Löcher der Realität gehämmert werden (müssen)....

  • Ich finde es ja immer reichlich überheblich, wenn vom selbst geschaffenen Wohlstand der Europäer gesprochen wird.

    Wenn man die Geschichte bis heute so verfolgt, so wird doch gerade Afrika seit Jahrhunderten ausgebeutet. Die Methoden haben sich freilich geändert, aber die Unterdrückung der Bevölkerungsmehrheit an korrupte Despoten outzusourcen, ändert am Grundprinzip nichts.

    Glaubt im Ernst jemand, ein somalischer Fischer steht früh tiefenentspannt auf und sagt sich: "Scheiß auf's studieren! Ich werde Pirat!" Nee, der hat nüscht mehr zu fischen, weil wir mit dafür sorgen!

    Die Themen Elektroschrott, Öl, seltene Erden, Palmöl, usw. baue ich jetzt mal nicht weiter aus.


    Die Menschen, die zu uns kommen, wollen nix von unserem Wohlstand abhaben. Die wollen nur ihren geklauten wieder!


    So lange es hier noch jemand für wichtig erachtet, alle ein, zwei Jahre ein neues Auto zu fahren, den Bildschirm im Wohnzimmer um zehn Zoll zu vergrößern, das Smartphone zu ersetzen, für 30€ sonstwohin zu fliegen, ...

    wird immer jemand dafür bluten müssen.

    Fluchtursachen bekämpfen beginnt im eigenen Leben.


    Das ganze Geschwafel soll jetzt nicht bedeuten, dass ich nicht auch indirekt ausbeute. Ich glaube, wenn jeder der an der Produktion des Zenbooks, auf dem dieser Mist geschrieben wurde, von seinem Lohn ein angenehmes Leben führen könnte, hätte ich auf das Ding zwanzig Jahre sparen müssen!


    Aber irgendwas muss sich dringend ändern! Sonst ist nur noch die Frage, wie die Menschheit drauf geht. Unbewohnbarkeit des Planeten oder dritter Weltkrieg.

    Herr gib Regen und Sonnenschein, für Reuß - Greiz, Schleiz und Lobenstein,
    und woll'n die annern auch was haam, so soll'n 'se es dir selber saa'n!

  • Etwas blauäugig ist die letzte Berechnung zumindest insofern, weil sie "EU" über einen Kamm schert und völlig die extrem ungleichmässige Verteilung ignoriert.

    I, D und F z.B. haben einen deutl. größeren Anteil aufgenommen, als die anderen Länder - und schon sieht es hier ganz anders aus...

    Kannst du diese Behauptung mit Quellen belegen? Wenn man das fairerweise auf die Einwohner des Ziellandes bezieht, sieht die Verteilung so aus: https://de.statista.com/statis…lbewerber-in-europa-2010/


    Deine Aussagen stimmen also schlicht nicht.

    Ich denke, dass Asyl bekommen muss, wem Asyl wirklich zusteht (also dem m.E. deutlichst geringeren Teil der Antragssteller).

    Ich kann nur mutmaßen welche Staaten sich hinter „Sonstigen“ verbergen, aber die Hauptzuwanderungsländer sind zunächst erstmal Kriegsgebiete: https://de.statista.com/statis…aender-von-asylbewerbern/


    Ich finde, wer aus einem Kriegsgebiet kommt, sollte Asyl bekommen. Du nicht?


    Aber wahrscheinlich zweifelt ihr diese Zahlen auch wieder an. Warum? Wart ihr da und habt selbst gezählt? Müssen das unbedingt mehr sein, weil es in den Nachrichten danach aussieht? Müssen das alles Schmarotzer sein, weil Fremde grundsätzlich böse sind? Könnt ihr andere Quellen mit anderen Zahlen nennen?


    Ich finde es müßig mit euch weiterzuargumentieren. Ich versuchte sachlich zu argumentieren und Zahlen mit einzubringen. Ich habe alternative Szenarien für die Zukunft aufgezeigt. Das Meiste habt ihr ohne handfeste Gegenargumente abgelehnt. Ich denke, ich werde mich jetzt aus der Debatte zurückziehen. Vielleicht belegt ihr eure Behauptungen ja noch und leitet mir den unausweichlichen Kollaps Europas noch nachvollziehbar her. Dann schreibe ich gern wieder was. Vielleicht überzeugt ihr mich auch davon, dass ich ein blauäugiger Träumer bin. Ich wäre über Letzteres nicht überrascht. :)


    Leute, wir reden hier über Menschenleben und nicht Autofarben. Wäre es da nicht angemessen möglichst objektiv zu bleiben und sich an Fakten zu halten? Bei all euren Zukunftsvorhersagen lese ich zudem nur Schwarzmalerei. Natürlich sind das auch berechtigte Sorgen, die ernstgenommen und einbezogen werden müssen. Aber warum zieht ihr nicht auch eine positive Zukunft in Betracht? Warum traut ihr diesen Menschen nichts zu? Warum wägt ihr Chancen und Risiken nicht gleichermaßen gegeneinander ab und lasst primär eure Angst für euch entscheiden? DAS macht mir Angst.


    Gruß, Felix


    Edit: Fachkräftemangel - es mangelt in Deutschland lämgst nicht mehr nur an hochqualifizierten Ingenieuren, sonder an Azubis in allen Bereichen, an Pflegepersonal, sogar an Spargelstechern: http://www.spiegel.de/karriere…westbalkan-a-1213509.html


    Auch das ist Teil der realen Verhältnisse in Europa.

  • Meine auch.....


    Ich war Sportkader, war im Sommer durchschnittlich die 1-2 WE pro Monat wg. Wettkämpfen vom Unterricht freigestellt und war auch sonst vom Ganzen ganz angetan.....

  • Sorry Jungs, aber ihr wisst selber das wir uns hier auf sehr dünnem Eis bewegen.......


    ...und bevor es bricht hab ich jetzt mal etwas deaktiviert.


    Es geht jetzt doch langsam zu sehr am Thema "Ich und meine DDR" vorbei.

  • Nagut, dann trag ich zur Versöhnung noch was zum Thema bei:


    Ich wurde in der DDR gebohren und bin dort in den Kindergarten gegangen. Da haben wir unter Anderem Lieder vom Volkspolisten, der Volksmarine und der NVA gelernt. Abgesehen davon, dass ich nicht gern und auch nicht gut gesungen habe, haben mich diese Inhalte nicht weiter irritiert. Einmal sollten wir einen Volkspolizisten malen, da hab ich halt ein dickes grünes Männchen gemalt. Die Kindergärtnerin fand das garnicht gut und sie begann mein Bild zu „verbessern“. Der Volkspolizist hatte danach zumindest breite Schultern. Ab da mochte ich das Malen auch nicht mehr. Den Spaß am Malen habe ich aber irgendwann wiederentdeckt. :) Einmal sollten wir auch eine DDR Fahne malen und das Bild dann am 1. März (Tag der NVA) in der Kaserne einem Soldaten überreichen. Dabei dürften wir auch durch einen Panzer klettern. Der Panzer hat mir als Kind natürlich gefallen. Mir ist auch nicht entgangen, dass meine Kindergärtnerin den Panzerfahrer wesendlich interessanter fand.


    Als ich irgendwann alt genug war, solche Erlebnisse einzuordnen, hat mich das sehr nachdenklich gemacht und ich habe angefangen mein eigentlich ungetrübtes Bild der DDR zu überdenken. Ich finde es heute sehr bedenklich Kinder an solche Themen heranzuführen. Kinder können eben noch nicht verstehen wofür Kriegstechnik, Uniformen, millitärische Strukturen und Nationalsymbole gedacht sind. Das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Zu den ersten Trabitreffen fuhr ich auch noch mit DDR-Fahne auf der Hutablage. Heute würde ich das unangemessen finden, sofern es nicht um eine geschichtlich aufklärende Veranstaltung geht.


    Abgesehen davon, fand ich den Kindergarten zumeist doof - hauptsächlich wegen der anderen Kinder. So war ich halt damals. :) Meine Kindheit in diesem Land war trotzdem unbeschwert. Ich konnte den ganzen Tag unbeaufsichtigt im Sandkasten hinterm Haus spielen. Da hat sich niemand Sorgen gemacht. Meine Eltern hatten beide studiert und sagten immer, dass sie deswegen im Vergleich zu den Arbeitern weniger verdienen. Ob‘s stimmt weiß ich nicht. Auf jeden Fall hatten wir vor der Wende verdammt wenig. Auf alten Fotos sieht es fast schon ärmlich aus. Aber als Kind wüsste ich nicht, dass mich das gestört hätte. Wir hatten immer genug zu Essen, die medizinische Versorgung war ja kostenlos, wir hatten eine moderne Neubauwohnung mit Zentralheizung und fließend Wasser, ich hatte ein Fahrrad und wir waren jedes Jahr an der Ostsee im Sommerurlaub. Das ist ein besseres Leben als es die meisten Erdenbewohner heute haben. Ok, das Wasser war manchmal braun und es gab häufiger Stromausfälle als heute. Aber ich denke wir hatten keine echten Sorgen.


    Im September 1989 kam ich in die Schule, mit Fahnenappell usw. Sehr bald haben wir natürlich die Nationalhymne gelernt und sollten Fahnen und Wimpel im Heimatkundeunterricht malen. Dann fiel die Mauer und ich musste plötzlich eine neue Hymne lernen und sollte die alte vergessen. Fortan habe ich das mit dem Lernen der Liedtexte nicht mehr so eng gesehen - hatte ja doch keinen Bestand. Als meine Großmutter (Grundschullehrerin) mit mir die neue Hymne lernen wollte, wurde mein Großvater sehr wütend und verbot, dass dieses Lied in seinem Haus angestimmt wird. Wer kann es ihm verdenken, er wurde mit 17 Jahren in die Kesselschlacht in der Normandie geschickt. Er hat es nur sehr kanpp überlebt und war dann jahrelang in Kriegsgefangenschaft. Er hat heute noch Schmerzen wo die Granatsplitter seinen Körper durchbohrten. Die heutige Hymne wurde etwas ausführlicher ja schon damals gesungen.


    In der spannenden Nachwendezeit konnte man als Kind in vielen tollen Autowracks rumspielen. Meine Eltern hatten das zwar verboten, aber ich konnte nicht widerstehen. Als die Russen mit ihren unendlich langen Kolonnen abgezogen waren, konnte man im Wald auf deren ehemaligen Militärgelände spielen. Natürlich sollte man sich auch dabei nicht erwischen lassen. Als Kind war das fantastisch.


    Ich kann mich auch noch gut an den erste Besuch in Westberlin erinnern. Morgens wurden die Ausweise noch sehr genau kontrolliert und es gab viele wichtige Stempel. Durch den Todesstreifen führte ein Weg, der über die ganze Länge beidseitig von schwer bewaffneten Soldaten bewacht wurde. Abends auf dem Heimweg interessierte sich kein Mensch mehr für die Ausweise. Es waren verückte Zeiten. Das hat man selbst als Kind gemerkt.


    Ich habe keinen Groll auf die DDR. Ich bin froh, diesen Teil der Geschichte durch eigene Erfahrungen bewerten zu können. Die Erlebnisse damals und sicher auch die Erzählungen meines Großvaters von noch viel früher, haben aber ganz sicher dazu beigetragen, dass ich heute absolut überzeugter Pazifist bin. In diesem Sinne hat die DDR-Propaganda bei mir genau das Gegenteil erreicht. :)


    Wenn ich mir heute Kinderfilme ansehe, dann denke ich manchmal, dass dabei auch nichts anderes bei rauskommen kann, als wenn man Kinder zu Soldaten in die Kaserne schickt. Es war damals nicht alles gut und heute ist eben auch nicht alles gut. Der Umkehrschluss gilt gleichwohl: Damals wie heute, gab und gibt es auch viele schöne Dinge. Man sollte sich nur davor hüten irgendetwas einseitig zu betrachten.


    Gruß, Felix

  • Im September 1989 kam ich in die Schule, mit Fahnenappell usw. Sehr bald haben wir natürlich die Nationalhymne gelernt und sollten Fahnen und Wimpel im Heimatkundeunterricht malen. Dann fiel die Mauer und ich musste plötzlich eine neue Hymne lernen und sollte die alte vergessen. Fortan habe ich das mit dem Lernen der Liedtexte nicht mehr so eng gesehen - hatte ja doch keinen Bestand.

    Du hast also zwischen Einschulung und Mauerfall im Herbst 1989 den TEXT (!) der DDR-Nationalhymne in der Schule gerlent? Tatsächlich?

    Weil der Text der Hymne nämlich seit 1972 nicht mehr gesungen werden durfte...und in der Schule schon gar nicht...


    Ich wurde im September 1986 eingeschult und um die Nationalhymne hat sich da in den ersten Schulwochen keiner gekümmert. Im September 1989 haben sie uns dann noch von Jung- zu Thälmann-Pionieren gemacht.


    War vorher in einem kirchlichen Kindergarten - da gab es keine Panzer, keine Soldaten und auch keine Uniformen, dafür eine andere Form von Gehirnwäsche, deren Langzeitfolgen ich durchaus ähnlich schlimm finde wie die ziemlich üble Militarisierung in den staatlichen Kindereinrichtungen.

    Ich bin zwar aus der tiefen gewachsenen Überzeugung, daß der Glaube an übersinnliche Mächte eine der größten Geißeln der Menschheit ist, später aus dem Verein ausgetreten und stehe heute eigentlich eher auf dem Standpunkt, daß man die Menschheit von Religionen irgendwann mal ganz grundsätzlich befreien sollte. Aber es ist gruselig, was man aus jenen Kinderjahren noch alles textsicher im Kopf hat. Und zwar weitaus weniger Pionierlieder als Choräle...

    Was war ich eigentlich? Pionier mit Taufschein oder Christenlehrekind mit Pionierausweis? Keine Ahnung - jedenfalls kenne ich beide Seiten.


    In beiden Fällen muß ich sagen, daß ich diese erzieherischen Formen doch sehr kritisch sehe...zumindest was die Militarisierung der Kindergärten betraf, hat sich die DDR nicht wirklich mit Ruhm bekleckert.

    Und die kirchlichen Einrichtungen auch nicht - nur daß es da eben um etwas anderes ging. Aber Gehirnwäsche bleibt Gehirnwäsche, gerade gegenüber Kindern ziemlich verwerflich, meine ich.


    Weswegen ich meine religionsfrei erziehe...

    Ich will nicht, daß sich die kleinen Köpfe des Nachts Gedanken über göttliche Mächte machen. Die sollen mal lieber in Ruhe schlafen...

  • Ja, ich bin mir ganz sicher, dass wir damals recht kurz hintereinander beide Hymnen lernen mussten - mit Text. Die erste Strophe der alten Hymne kann ich immer noch. Aber du hast schon recht, eigentlich ist das merkwürdig. Ich kann es dir auch nicht erklären. Ich erinnere mich zwar anders, aber vielleicht mussten wir den Text nur mal aufsagen und nicht singen? Hmmm ...


    Tja, ob nun Religion, Medien oder der Staat diktiert was geglaubt werden soll, ist letztendlich egal. Bei Idiologien sollte man immer vorsichtig sein. Das ist nur leider nicht so leicht wenn man mittendrin steckt.


    Gruß, Felix

  • Ich habe nur knapp eine Dekade DDR-Zeit erlebt.


    Bis auf die Schule habe ich nur wenige schlechte Erinnerungen an die DDR, weil man nicht vermisst, was man nicht kennt/hat oder hätte haben können - und als Kind sieht man vermutlich sowieso alles lockerer. Ein Ostsee- oder Ungarnurlaub waren für mich absolute Highlights. Als Enkel eines Pfarrers wurde einem im Kindesalter schon mitgegeben, dass das, was der Opa da macht und vertritt, nicht so richtig erwünscht ist. Das "Warum" hab ich damals nicht begriffen. Da meine Familie stark in die Kirchengemeinde integriert war und ich u.a. auch die Christenlehre besuchte, führte dies leider manchmal zum "Ausschluss" bei schulischen Veranstaltungen u.a. von Pioniernachmittagen, AG's, Zirkeln, Fest der jungen Talente, etc. ...für gute sportlichen Leistungen (ich kam für kurze Zeit durch den Leistungssport nach Jena), wurde ich wiederum an der heimatlichen Schule auf dem Appellplatz ausgezeichnet. Zusätzlich erlernte ich ab dem 6. Lebensjahr zwei Musikinstrumente (das war in die Schule integriert) und wurde aber, wie oben schon geschrieben, nur selten oder gar nicht berücksichtigt, wenn es um einen Auftritt der Klasse mit Musik und Gesang z.B. beim Besuch der Patenbrigade ging. Freistellungen von der heimatlichen Schule für ein Trainingslager o.ä. entpuppten sich in meinem Fall nicht als Vorteil, da der Leistungsstand nach Rückkehr trotzdem abgeprüft wurde.


    Einige Erinnerungen aus früher Kindheit sind bei mir mit Gerüchen verbunden:

    - die Abgase der Skoda Müllabfuhr konnte ich von denen des W50 genau unterscheiden und so wusste ich, ob es sich lohnt ans Fenster zu springen, um das Anheben der großen Container mit dem Ausleger zu beobachten oder nicht,

    - der süße Geruch von Zuckerwatte aus dem großen Holzbauwagen mit roten Felgen und roter Deichsel, wo es neben Zuckerwatte auch leckeres Softeis auf dem Weg vom FDGB-QEK zum Tarnewitzer Strand gab,

    - bestialisch stinkenke Kinderschuhe, da komplett aus (abfärbendem) Kunststoff,

    - Gär- und Hefegeruch in der Untersstadt durch VEB Nordbrand,

    - unterschiedliche Gerüche von Öl im Bereich der IFA,

    - der Geruch von "Das Volk" - ich wusste schon aus 1m Entfernung, ob ich an den Briefkasten muss,

    - der Geruch von Speckitonnen bei meiner Oma in Neumark bei Weimar (bei uns in Nordhausen habe ich sowas nirgends gesehen),

    - die Gerüche in der Sero-Annahmestelle von muffigem, feuchten Papier und gärenden Getränkeresten,

    - Gerüche verschiedener Linoleumbeläge,

    - saurer Geruch und nasse Füße in den Sandalen im Sommer im Bereich der Milchtüten-Gitterbox in der Kaufhalle,

    - der Geruch vom Schweißen, wenn mein Onkel wieder einen Trabant aufgebaut hat usw. usw. ...


    Mein Vater hat die DDR gehasst - er wollte immer viel und weit weg (ver)reisen. Als Sohn eines Theologen konnte er weder den Beruf erlernen, den er wollte, noch studieren. Er wurde nach Immatrikulation ohne Grund wieder exmatrikuliert. Er erhielt nur die Information an gar keiner Hoch-, Ingenieur- oder Fachschule oder Universität der DDR studieren zu können. Das Leistungsstipendium wurde aberkannt und es ging in eine örtliche Kiesgrube - später durfte er dann nach zig Anträgen, Eingaben, Erklärungen, Bittschreiben etc. doch noch studieren. Dafür musste er sich u.a. jahrelang aktiv beim Thema "Wehrerziehung"/ "Wehrunterricht" engagieren.

    Meine Mutter als studierte Bibliothekarin brachte das Geld nach Hause. Ich habe nach der Schule oft viel Zeit in der Bibliothek integrierten Phonothek verbracht und mit den übergroßen Kopfhörern die "neuesten" Schallplatten hoch und runter gehört...:)


    Erster Familienwagen war eine 3-Gang-Schwalbe in saharabraun, dann kam der erste, durch meinen Onkel aufgebaute P60, welcher aufgrund seiner billardgrünen Lackierung der "Frosch" war und später gab es dann unsere "Butter". Mein Onkel baute uns aus einer stark deformierten Unfallkarosse einen 601 Universal auf, welcher in champagnergelb (aber das vom Wartburg) lackiert wurde - wenn er poliert war, sah er aus, wie Butter in der Sonne... :D

    Ich hatte zuerst nen Holzroller, danach nen luftbereiften Roller, nen West-Kettcar, nen abgenutztes "Blitz" der ersten Serie von meiner Schwester und dann kam die Wende...

  • Da meine Familie stark in die Kirchengemeinde integriert war und ich u.a. auch die Christenlehre besuchte, führte dies leider manchmal zum "Ausschluss" bei schulischen Veranstaltungen u.a. von Pioniernachmittagen, AG's, Zirkeln, Fest der jungen Talente, etc.

    Das wiederum kann ich von meiner Schule nun gar nicht sagen.

    Ich war hier wie dort dabei - wir hatten ja nichtmal mehr Pionierkleidungspflicht beim Pioniernachmittag. Ausgeschlossen wurde ich von gar nichts, allerdings war ich halt auch in beiden "Clubs" Mitglied mit Ausweis.

    Neben mir auf der Schulbank saß in der 1. Klasse die Pfarrerstochter. Vollausstattung aus dem Westen - die hatte gar kein DDR-Zeugs im (West-)Ranzen bis auf die Bücher. Es gan nur Nutella auf dem Brot, Pelikan-Füller, Herlitz-Hefte usw. Ihre Mutter ist Friederike von Kirchbach. Deren Biographie erklärt das mit dem Westzeugs... :zwinkerer:

    Sie war natürlich kein Mitglied der Pionierorganisation und mußte beim Apell mit weißem Blüschen hinter den anderen stehen. Aber auch sie war eigentlich immer dabei.


    Ich glaube, das alles war auch immer sehr abhängig vom einzelnen Klassenlehrer, Pionierleiter usw.

    Meine erste Klassenlehrerin stand bei unserer Einschulung schon weit in den 50er Lebensjahren und hatte nur noch kurze Zeit zur Rente (für Frauen in der DDR mit 60) - die war diesbezüglich offenbar sehr tolerant. Meine Mutter hat beim ersten Elternabend gesagt was Sache war und das wurde akzeptiert. Gleichzeitig haben meine Eltern aber gewußt, daß man die Kinder nicht für die eigenen Überzeugungen vorschickt und sie womöglich das ausbaden läßt, was man zuhause am Küchentisch beschlossen hat. Insofern hatte ich überhaupt nichts auszustehen.

  • "Zu den ersten Trabitreffen fuhr ich auch noch mit DDR-Fahne auf der Hutablage. Heute würde ich das unangemessen finden, sofern es nicht um eine geschichtlich aufklärende Veranstaltung geht."


    Genau DAS finde ich auf IFA oder Trabanttreffen sehr befremdlich. Warum muss man dort in der Uniform eines Volkspolizisten den Verkehr regeln? Das verstehe ich nicht.


    Ansonsten habe ich knapp 20 Jahre der DDR erleben dürfen. Mein Fazit: Tolle Kindheit, großartige Jugend.

    Einzig diese vormilitärische Ausbildung hat mir nie gefallen. Warum bringt man Kindern - ich war 12 oder 13 - bei, wie man eine Kalaschnikow auseinander nimmt und wieder zusammenbaut? Warum muss ich im Sportunterricht mit Handgranaten(Atrappen) werfen?


    Als die Mauer fiel, war ich grad 18 geworden. Hätte die DDR weiter existiert, würde ich mich wahrscheinlich weniger positiv erinnern. Als junger Erwachsener und vom System des Sozialismus nicht überzeugter, war es sicher nicht schön in der DDR leben zu MÜSSEN.


    Am aufregendsten fand ich persönlich die Zeit 89 bis ca 91/92. Es war einfach ALLES möglich. Der lange Arm des Gesetzes hatte in Berlin seinen Schrecken verloren. Wir hatten hier teilweise rechtsfreien Räume - so mein Gefühl. An jeder Ecke entstanden im Friedrichshain illegale Kneipen, deren Einrichtungen vom Sperrmüll oder aus verlassenen Wohnungen stammte. Das waren die besten Clubs der Welt!

    Auto? ...überhaupt kein Problem. Es standen genug Ostautos zur Verfügung die man für nen Appel und nen Ei bekam.

    Ersatzteile? ...ein noch geringeres Problem. Ersatzteilspender standen quasi immer in der Nähe. Ich kann mich an eine Fahr von Berlin nach KMS erinnern. Höhe Dresden brach uns ein Scharniergelenk auf der Autobahn. Wir sind dann einfach mit etwas Werkzeug in die Stadt runter, haben uns das Ersatzteil aus irgendeinem Wrack geholt und es auf dem Standstreifen gewechselt. Danach ging es weiter. Später verließ uns die Lima - auch kein Problem. Usw..usw...


    Schön war's!

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